„Wir öffnen!“ – zuerst die Kassen, aber dann…

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(Michael Magercord) – Wird das doch noch ein Wonnemonat? Am 20. Mai erfolgt nach mehr als einer halbjährigen Pause das erste wieder für eine gute Anzahl von Zuhörern zugängliche Konzert der Straßburger Philharmonie im Palais de la Musique et Congrès PMC, und tagsdrauf soll die Premiere der Oper Alcina von Georg Friedrich Händel in der Rheinoper vor leibhaftigen Zuschauern über die Bühne gehen.

Was sind das bloß für schräge Zeiten: Die größte Sensation in den Aufführungssälen vollzieht sich nicht nur auf der Bühne, sondern ebenso im Zuschauersaal. Akteure sind nicht nur die Künstler, die ihr Können endlich wieder präsentieren dürfen, sondern ebenso wir, das Zuschauervolk, das sie versunken im Sessel dabei begleitet.

Aber war das nicht eigentlich immer schon so? Wird man als passiver Zuschauer seiner aktiven Rolle im Bühnenstück nur endlich einmal wieder gewärtig? Zuschauer zu sein erfüllt sich eben nicht im bloßen Konsum, sondern zum Gelingen des Ganzen muss man selbst etwas beisteuern, nämlich Aufmerksamkeit und Aufnahmebereitschaft. Aber Achtung, liebe Kulturkonsumenten aller Gender: Einmal besonders empfänglich für das Treiben auf der Bühne geworden, setzt ihr euch nur umso mehr einer Gefahr fürs eigene Seelenheil aus, nämlich jener, vom Dargebotenen derart berührt zu werden, dass man nicht als jener aus dem Saal hinauskommt, als der man hineingegangen war.

Es werden also ungewohnte Ereignisse sein für alle Beteiligten, auf und vor der Bühne. 35 Prozent der Publikumsplätze werden besetzt sein, wenn die Philharmoniker unter ihrem Noch-Chefdirigenten Marko Letonja am Donnerstag und Freitag mit Kompositionen von Mozart, Sibelius und dem Zeitgenossen Greenwood die Saison – fast könnte man sagen: eröffnen.

Ebenfalls ab Freitag, den 21. Mai, wird es barock im opulenten Saal der Rheinoper: Musik aus der Feder des wohl größten Klangzauberers seiner Zeit mit einem Werk, das ein vokales Feuerwerk aus einer Folge der schönsten Klänge der barocken Tonkunst gelten darf. Und das alles verpackt in die Geschichte um die Zauberin Alcina, die eine kleine Insel bewohnt und jeden Mann männlichen Geschlechts, der es wagt sie zu betreten, in ein Tier, einen Baum oder nackten Felsen verwandelt. Niemand bleibt so, wie er gekommen war – ganz so also, als wäre ihr Eiland ein Opernsaal.

Werden wir staunen und berührt sein? Ja, und vielleicht nicht nur über das Werk und seine Darsteller, sondern ebenso über den schönen Saal der Rheinoper, den Samt, die Putten, die Lüster, dieses Eiland des freigiebigen Überflusses inmitten unserer immer nüchterner werdenden Welt. Doch dann wird sich unweigerlich zur Begeisterung ein Kopfschütteln einstellen. Darüber nämlich, dass schon länger ernsthafte Überlegungen in der Straßburger Stadtverwaltung kursieren, diesen zauberbehafteten Saal zu schließen und die Oper in einen ach so modernen Betonbau zu verfrachten. Bewahren uns davor die Zauberer aller Gender!

Doch wer weiß, vielleicht geht es auch ohne Beschwörung. Denn möglicherweise hat den politisch darüber Entscheidenden das, was uns im Kleinen die Kultur vermitteln kann, im Großen die Pandemie gelehrt. Das man nämlich auch aus ihr nicht genauso wieder herauskommen kann, wie man hineingegangen ist, und etwas Demut vor der Magie des Bestehenden jetzt das neue modern ist.

Konzert der Straßburger Philharmoniker OPS
DO 20. und FR 21. Mai um 18.30 Uhr im PMC

Greenwood, Norwegian Wood Suite
Mozart, Klavierkonzert Nr. 23
Sibelius, 2. Symphonie

Kartenbestellung Mo – Fr 9.30 bis 17 Uhr ausschließlich telefonisch unter:
0033 – (0)3.68.98.68.15

Alcina – Oper von Georg Friedrich Händel
Dirigent: Christopher Moulds
Symphonieorchester Mülhausen

Straßburg – Rheinoper
FR 21. Mai, 18.30 Uhr
SO 23. Mai, 15 Uhr
DI 25. Mai, 18.30 Uhr
DO 27. Mai, 18.30 Uhr
SA 29. Mai, 15 Uhr

Colmar – Théâtre municipal
SA 5. Juni, 18.30 Uhr

Mülhausen – La Sinne
SO 13. Juni, 15 Uhr
DI 15. Juni, 20 Uhr

Infos und Tickets unter: www.operanationldurhin.eu