Wird die Welt rot?

Während die Europäer wie immer uneinig sind, während die Beziehungen zwischen Europa und den USA nicht optimal sind, entsteht eine neue weltpolitische Achse: China und Russland.

Xi Jingping und Wladimir Putin haben gut lachen - die beiden machen Weltpolitik, während die EU und die USA weiter "Kalten Krieg" spielen. Foto: Kremlin.ru / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 4.0int

(KL) – Wir Europäer sollten aufhören, unserer eigenen Propaganda zu glauben. Immer noch geben wir uns dem Irrglauben hin, dass Europa eine geeinte Macht darstellen und es im Zweifelsfall die Amerikaner schon richten werden. Doch wer nach den Desastern in Syrien, Afghanistan und nun in der Ukraine noch daran glaubt, dass Washington und Brüssel eine gemeinsame „Supermacht“ bilden, der glaubt auch noch an den Weihnachtsmann. Weltpolitik wird nicht nur künftig, sondern schon eine ganze Weile zwischen Peking und Moskau gemacht.

Zur Eröffnung der olympischen Winterspiele reiste Wladimir Putin natürlich nach Peking, traf dort seinen Amtskollegen Xi Jinping und prompt forderte Peking, dass die NATO gefälligst ihre Ost-Erweiterung zu stoppen habe. Also genau das, was auch Putin fordert. Der Westen, in seiner inzwischen unglaublichen Selbstüberschätzung, sollte dieses Mal genauer hinschauen, statt in Brüssel zähneknirschend Sanktions-Fantasien zu wälzen. Denn die Entwicklung der Achse Moskau-Peking ist nicht neu. Doch als diese Entwicklung begann, schlief man sowohl in Brüssel als auch in Washington.

Dass nun Moskau und Peking noch näher zusammenrücken, kommt nicht überraschend. Dies zeichnete sich bereits bei der Gründung des Staatenbundes „BRICS“ (Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika, zusammen ein gutes Drittel der Weltbevölkerung!) ab. Nur existiert „BRICS“ weder in den Köpfen westlicher Politiker, allerdings auch nicht in den westlichen Medien. Doch einen Staatenbund zu ignorieren, der fast 3 Milliarden Menschen umfasst, der über schier unerschöpfliche finanzielle Möglichkeiten und politischen Einfluss auf dem halben Erdball verfügt, das ist schon erstaunlich.

Dabei suchten die „BRICS“-Staaten keinesfalls bei der Gründung dieses Bundes die Konfrontation mit dem Westen, im Gegenteil. So boten die „BRICS“-Staaten der EU eine starke Beteiligung an der neuen „BRICS“-Bank an, was aber in Brüssel nicht sonderlich interessierte. Doch dieses Finanzinstrument, das offiziell „New Development Bank – NDB“ heißt und seinen Sitz in Shanghai hat, hätte ein Bindeglied zwischen Europa und BRICS werden können. Doch statt sich in dieser Bank zu engagieren, machte Brüssel das, was es am besten kann: zuschauen und abwarten. Heute finanziert diese Bank Infrastrukturprojekte in vielen Ländern, die dann wiederum von den Europäern, die freiwillig außen vor blieben, heftig kritisiert werden. Nur – es hätte gereicht, sich ausnahmsweise einmal mit den BRICS-Staaten an den Tisch zu setzen, statt ängstlich darauf zu warten, was der „große Bruder“ in Washington wohl sagt. Wie schade, das Angebot eines EU-Engagements in der NDB hätte das Potential gehabt, Frieden langfristig durch eine enge, wirtschaftliche Verzahnung zu sichern, statt weiterhin, wie es Xi Jingping in Peking sagte, „auf die alten Reflexe des Kalten Kriegs“ zu setzen.

Die Welt in „Gut“ und „Böse“ zu teilen, das ist in der Tat ein alter Reflex aus den Tagen des Kalten Kriegs. Doch um an diesem unguten Zustand etwas zu ändern, müssten zwei Dinge geschehen, die weit, weit entfernt scheinen. Zum einen müsste sich Europa endlich wirklich einigen, was erfordert, dass die EU endlich von diesem dämlichen Prinzip der Einstimmigkeit abrückt. Dieser institutionelle Anachronismus sorgt dafür, dass Europa mit seinen 500 Millionen Einwohnern in der internationalen Politik keine Rolle spielt. Zum anderen müssen sich die Europäer von den USA emanzipieren und endlich anfangen, mit Washington auf Augenhöhe zu sprechen.

All diese Entwicklungen, die sich vor den Augen der Weltöffentlichkeit abspielen, scheint man in Washington und Brüssel nicht zu verstehen. Es wird allerhöchste Zeit, dass sich die EU modernisiert und reformiert, andernfalls droht ihr ein trauriges Schicksal – nämlich der Schwanz zu sein, der versucht, mit seinem amerikanischen Hund zu wedeln… während die Weltpolitik weit weg im Osten gemacht wird.

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