Wird sie die neue Pariser Statthalterin im Elsass?

Die Präfektin Korsikas Josiane Chevalier wird voraussichtlich die neue Präfektin des Departements Bas-Rhin und der Region Grand Est. Das zumindest berichten übereinstimmend die Medien auf Korsika und im Elsass.

Josiane Chevalier wird voraussichtlich die neue Präfektin des Bas-Rhin und der Region Grand Est. Foto: Ecole polytechnique Université Paris-Saclay / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 2.0

(KL) – Dem sich in den Ruhestand verabschiedenden Präfekten Jean-Luc Marx wird im Elsass wohl kaum jemand eine Träne hinterher weinen – der Mann spielte eine unrühmliche Rolle im höchst umstrittenen Projekt der Ostumfahrung Straßburgs, dem GCO und seine engen Verbindungen zum Bauträger Vinci, die bereits in seinen vorherigen Posten bemerkenswert glatt funktionierten, wird man im Elsass nicht so schnell vergessen. Doch ob die Präfektin Josiane Chevalier eine bessere Statthalterin der Pariser Zentralregierung werden wird, bleibt abzuwarten.

Die Beamtin Josiane Chevalier hat eine in Frankreich durchaus typische Karriere hingelegt. Sie begann ihre Laufbahn als Generalsekretärin der Präfektur des Departements Jura, leitete dann das Büro des Präfekten des Departements Hauts-de-Seine und landete nach verschiedenen anderen Posten als Präfektin des südlichen Departements Korsikas, Corse-du-Sud und der Region Korsika. Eine Bilderbuchkarriere.

Allerdings spürt man in den korsischen Presseberichten eine Art Erleichterung über den Weggang von Josiane Chevalier. Die Beziehungen zwischen den Korsen und ihr wird als „schwierig bis feindselig“ beschrieben und offenbar gehört interkulturelles Feingefühl nicht gerade zu ihren Stärken. Allerdings bräuchte sie im Elsass und der Region Grand Est genau diese Qualität.

Die Besetzung der mächtigen Präfekten-Posten in Frankreich ist eine seltsame Angelegenheit, die das ganze Misstrauen zum Ausdruck bringt, das Paris seinen Provinzen entgegen bringt. Ein Präfekt sollte die Region, in die er geschickt wird, möglichst nicht kennen und dort auch keine eigenen Netzwerke haben. Nur – wie will eine Präfektin in der deutsch-französischen Grenzregion zielorientiert arbeiten, wenn sie nicht die Spur einer Ahnung von den lokalen Gegebenheiten oder gar der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit hat? Die Pariser Zentralregierung würde vermutlich besser fahren, würde sie Präfekten ernennen, die wenigstens eine minimale Ahnung der Region haben, in der sie arbeiten.

Da die Amtszeit eines Präfekten in der Regel drei Jahre beträgt, bevor er (oder sie) auf einen anderen Posten kommt, kann man also davon ausgehen, dass die neue Präfektin am Ende ihrer Amtszeit ungefähr wissen wird, wo sie eigentlich gelandet ist. Aber ist Ahnungslosigkeit wirklich ein geeignetes Auswahlkriterium für eine Spitzenbeamtin?

Aber ist eine Präfektin wirklich so wichtig für das politische Leben in einer französischen Region? Oft vergleicht man diesen Posten mit dem eines Regierungspräsidenten in Deutschland, doch dieser Vergleich ist falsch. In Frankreich ist der Präfekt (oder die Präfektin) „Vertreter der Staatsgewalt im Dedpartement [und/oder der Region] und damit verantwortlich für die öffentliche Ordnung. Er verfügt über die Polizeigewalt und ist direkter Vertreter des Premierministers und aller anderen Minister im Departement.“ Damit gehen die Befugnisse eines Präfekten weit über diejenigen eines Regierungspräsidenten in Deutschland hinaus – der Präfekt (oder die Präfektin) ist also tatsächlich der Statthalter der Pariser Zentralregierung in den Provinzen. Wie im alten Rom.

Die Rolle von Josiane Chevalier könnte sogar noch wichtiger werden. Durch das „Anti-Störer-Gesetz“, das Präsident Macron letztes Jahr im Eilverfahren durchs Parlament peitschte, wurde die Handhabung des Demonstrationsrechts von der Justiz zu den Präfekturen verlagert, wo man inzwischen entscheidet, wer wann an welcher Demonstration teilnehmen darf. Angesichts der sozialen Konflikte, die Frankreich gerade erschüttern, könnte den Präfekten in den Regionen noch eine ganz andere Bedeutung zukommen – nämlich diejenige, die Proteste gegen die Regierung einzudämmen.

Josiane Chevalier wird dann Gelegenheit haben, die unbeugsamen Elsässer kennenzulernen und sie gerät direkt zwischen die Fronten all derjenigen, die gerne das Elsass wieder aus der Region Elsass herauslösen möchten, und denjenigen, die gegen das neue elsässische Super-Departement „CEA“ sind und denjenigen, die gerne die Region Grand Est entwickeln würden. Angesichts der höchstens theoretischen Kenntnisse, die Josiane Chevalier vom Elsass hat, dürften noch einige Überraschungen auf sie warten. Vermutlich glaubt sie, dass sie nach den schwierigen Jahren auf Korsika nun einen etwas entspannteren Job antreten kann. Wenn sie sich da mal nicht täuscht…

4 Kommentare zu Wird sie die neue Pariser Statthalterin im Elsass?

  1. Ohoho ! Guter Artickel von Kai Littmann über unser Volk: “die unbeugsamen Elsässer”. Fast neutral. Unser roter Schwabe scheint sich fast eingelebt zu haben.

    Cher Kai, maintenant tu dois nous aider:

    Chevalier muss fallen(von ihrem Pferd bzw. von ihrem “Thron” ;-). Rüs us dr Pseudo-Region Grotesk !

    • Eurojournalist(e) // 16. Januar 2020 um 23:53 // Antworten

      Mal ein netter Kommentar – dann will ich auch mal beide Augen zu dem “roten Schwaben” zudrücken… :-) Aber in der Tat – die Ernennung von Josiane Chevalier ist keine gute Nachricht. Die Korsen sind froh, sie loszuwerden…

  2. Hurrah. Kai ist ein Elsässer geworden. Jetz kann ich ruhig sterben (enfin so spät wie mögöich aber in Ruhe). Salut bissamme !

  3. Es muß “Westumfahrung” heißen.

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