Wladimir Putin dreht am Gashahn

Zwischen zwei Manövern an der ukrainischen Grenze strapaziert Wladimir Putin die Nerven des Westens durch eine seltsame Politik der Gaslieferungen. Europa kann nur reagieren.

Mit der Jamal-Pipeline setzt Putin gerade den Westen unter Druck. Foto: Samuel Bailey (sam.bailus@gmail.com) / Wikimedia Commons / CC- BY-SA 3.0

(KL) – Mit der Erdgasfernleitung „Jamal-Europa“ hat Wladimir Putin das Spielzeug gefunden, um den Europäern die Feiertage zu versauen. Letzte Woche stoppte Russland kurzfristig den Gasdurchsatz, dann wieder wurden Gasmengen nach Polen und sogar zurück nach Russland geleitet, dann floß plötzlich wieder Gas und an den Finanzmärkten passierte genau das, was Putin beabsichtigt hatte – der Preis für Erdgas ging durch die Decke. Britisches und norwegisches Erdgas erreichte Rekordpreise und Putin hält den multiplen Druck auf den Westen aufrecht.

4000 km ist die Jamal-Pipeline lang und führt quer durch Russland, Belorus, Polen nach Deutschland, von wo aus weitere europäische Kunden russischen Gases versorgt werden. Aber eben nur, wenn auch Gas durch die Pipelines fließt. Und ob Gas durch die verschiedenen Pipelines zwischen den Gasfeldern in den unendlichen russischen Weiten und Europa fließt, liegt vor allem an einem: dem guten Willen Moskaus.

Während man sich in Westeuropa Sorgen um die Zuverlässigkeit der Gaslieferungen aus Russland macht (die offenbar bisher vertragsgetreu erfolgt sind), läßt Putin durch seinen Regierungssprecher verlauten, dass das Abdrehen des Erdgases über die Jamal-Pipeline aber auch gar nichts damit zu tun habe, dass er so schnell wie möglich „Nord Stream 2“ in Betrieb nehmen möchte, ein politisches Sorgenkind im brüchigen Gleichgewicht der internationalen Politik. Denn „Nord Stream 2“ umgeht den gesamten früheren Ostblock, dessen Länder auf die Durchleitgebühren für das russische Gas über ihr Territorium angewiesen sind. „Nord Stream 2“ verbindet Russland direkt mit Deutschland und ist zu einem Politikum geworden. Praktisch alle westlichen Staaten kritisieren diese Pipeline, die gerade erst fertiggestellt wurde und die sich in der Zertifizierung befindet.

„Wäre ‘Nord Stream 2′ schon in Betrieb, könnten wir viel mehr liefern“, so die Botschaft des Kreml an den Westen. Und einmal mehr muss sich Europa etwas einfallen lassen, wobei man sicher sein kann, dass wenn eine Lösung für die Gaslieferungen gefunden sein wird, Putin wieder Druck an der belorussisch-polnischen oder der ukrainischen Grenze machen wird. So lange, bis ihm die NATO und der Westen die Zusagen gemacht haben werden, die er fordert – keine weitere Ausdehnung der NATO in Richtung Osten und vor allem, keine weitere Aufnahme früherer Sowjet-Republiken in das transatlantische Verteidigungsbündnis. Aber ob selbst eine solche Zusage den Hunger Putins auf die früheren Sowjetrepubliken stillen kann?

Deutschland befindet sich durch die Entwicklung in einer diplomatisch heiklen Situation. Das Projekt „Nord Stream 2“ wird von den europäischen Partnern ganz anders betrachtet als in Deutschland. Freute sich die letzte Bundesregierung über einen sicheren Gaszufluss aus Russland, ist „Nord Stream 2“ für die anderen westlichen Partner ein Kniefall vor Russland, ein unnötiges sich-in-Abhängigkeit-begeben, und dazu ein „Verrat“ an den zentral- und osteuropäischen Staaten, denen durch „Nord Stream 2“ die Durchleitgebühren verloren gehen und die künftig ihr Gas aus Deutschland kaufen müssen.

Momentan beschränken sich NATO und die EU auf ziemlich sterile und wirkungslose Drohungen. Undd Putin hat das geschafft, was er seit Monaten inszeniert – den Aufbau einer mehrschichtigen Drohszenerie, bestehend aus den Spannungen an der Grenze zur Ukraine, den Spannungen um die Flüchtlinge zwischen Belarus und Polen und die Daumenschraube der Gaslieferungen. Es sieht so aus, als sollte Wladimir Putin die Schlagzeilen in den nächsten Monaten dominieren…

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