WM: Ohne Gomez und Kruse, dafür mit Matthias Ginter

Matthias Ginter hat gute Chancen, auf den WM-Zug zu springen. Im 30er Kader steht er schon mal. Foto: © Kai Littmann

(KL) – 80 Millionen Hobby-Bundestrainer stöhnten bei der Bekanntgabe des 30er-Kaders für die WM in Brasilien auf. Kein Gomez. Kein Max Kruse. Kein Stefan Kießling. Dafür aber Erik Durm, Shkrodan Mustafi, Leon Goretzka, Max Meyer, André Hahn. Und der Freiburger Matthias Ginter. Bei genauer Analyse stellt man fest, dass Bundestrainer Jogi Löw angesichts der aktuellen Personalsituation nicht viel anders handeln konnte (nimmt man mal seine konsequente Nichtberücksichtigung des besten deutschen Stürmers Stefan Kießling aus). Aber – Favorit auf den WM-Titel ist dieses Team sicher nicht.

„Was?“, rief der deutsche Stammtisch, der, wie man ja weiß, mehr Schwarmintelligenz zu haben glaubt als das Trainerteam des DFB. „Im Sturm nur ein dauernd verletzter und seit gefühlten 50 Jahren spielender Miroslav Klose und Neuling Kevin Volland?“ Wer soll denn ohne wirklichen Sturm die Tore schießen? Vor allem, falls Klose bei den extremen klimatischen Bedingungen des brasilianischen Sommers ausfallen sollte? Dabei liegt die Antwort doch auf der Hand – Thomas Müller (immerhin Torschützenkönig der letzten WM), der geniale Neuneinhalber Mario Götze, Lukas Podolski, Toni Kroos, Mesut Özil, Marco Reus, André Schürrle – alle diese Mittelfeldakteure sind hervorragende Offensivkräfte, die natürlich auch Tore schießen können.

Doch der Kader deutet bereits darauf hin, wie die Nationalmannschaft in Brasilien spielen wird – von hinten heraus. Abwehr und Mittelfeld sind zahlenmäßig, aber auch spielerisch gut besetzt. Gut, aber nicht überragend. Es fehlt der Nationalmannschaft die herausragende Persönlichkeit, weswegen man sich in Brasilien auf kollektive Qualitäten besinnen muss.

Der Blockbildung Bayern-BVB fielen unter anderem Torhüter René Adler und Verteidiger Heiko Westermann zum Opfer. Stattdessen stehen Roman Weidenfeller und Kevin Großkreutz im Kader. Wozu? Zu Recht! Was allerdings der Hannoveraner Keeper Ron-Robert Zieler nach einer eher schwachen Saison als dritter Torhüter soll, bleibt unklar. Mit Leno, Ter Stegen, Baumann oder Ulreich hätte es formstarke Alternativen gegeben. Aber gut – bisher wurde noch keine WM vom 3. Torwart eines Teams nachhaltig geprägt.

In der Abwehr gibt es zwar drei Überraschungen (Matthias Ginter, Erik Durm und Shkodran Mustafi), ansonsten aber die üblichen Verdächtigen. Die Bayern Boateng und Lahm, die Dortmunder Hummels und Schmelzer, Per Mertesacker von Arsenal London, Benny Höwedes von Schalke 04 und der Hamburger Marcell Jansen.

Das Mittelfeld ist bunt und fröhlich besetzt. Der Bayern-Block mit Götze, Kroos, Thomas Müller und Bastian Schweinsteiger dürfte mit Reus und Özil das Gerüst bilden, um das man je nach Gegner und Spielsituation Schürrle, Podolski, Khedira (so er denn fit wird), André Hahn oder Lars Bender einbauen kann. Was genau die Schalker „Rasselbande“ mit Draxler, Meyer und Goretzka tun soll, ist dagegen nicht so klar. Wobei Julian Draxler auf jeden Fall spielen sollte – die Entwicklung Draxlers ist derart positiv, dass er in Brasilien durchaus zum Führungsspieler aufsteigen kann.

Und ja, Klose und Volland im Angriff. Wobei man bedenken muss, dass aus diesem Kader noch sieben Spieler gestrichen werden. Sehr spannend…

Eine weitere gute Nachricht für den Oberrhein ist die Nominierung von zwei Freiburger Nationalmannschafts-Neulingen für das Testspiel gegen Polen am 13. Mai in Hamburg. Neben Matthias Ginter stehen nämlich der „Aufsteiger der Saison“ Christian Günter und Oliver Sorg erstmals im Aufgebot für ein A-Länderspiel. Beide werden zwar nicht mehr auf dem WM-Zug aufspringen können, gehören aber zu den Spielern im Blickfeld für die nähere Zukunft. Und außerdem ist das eine tolle Anerkennung für die großartige Rückrunde des SC Freiburg.

Nach dem Spiel gegen Polen geht es ins Trainingslager nach Südtirol und dann steigt auch schon langsam der Adrenalinspiegel… die WM rückt immer näher!