Wo ist Carles Puigdemont?

Der katalanische Separatistenführer ist zum ersten Mal seit Jahren wieder in Barcelona. Die Polizei würde ihn gerne verhaften, denn es besteht ein Haftbefehl gegen ihn. Aber will ihn die Polizei wirklich verhaften?

Irgendwann wird Spanien die Situation mit Carles Puigdemont politisch lösen müssen. Foto: Generalitat de Catalunya / Wikimedia Commons / CC0 1.0

(KL) – Die Situation war gestern in Barcelona surrealistisch. Der seit Jahren per Haftbefehl gesuchte katalonische Separatistenführer Carles Puigdemont, der auch zum Europaabgeordneten gewählt worden war, kam nun zum ersten Mal wieder nach Barcelona, um als Abgeordneter an der Wahl des neuen Ministerpräsidenten Kataloniens Salvador Illa teilzunehmen. Ganz in der Nähe des katalonischen Parlaments hielt er vor Tausenden Menschen und umringt von seinen Parteifreunden der „Junts“ eine kurze Rede, wobei er zu keinem Zeitpunkt von der massiv präsenten Polizei behelligt wurde. Erst als Puigdemont plötzlich in der Menge verschwunden war, startete die Polizei eine riesige Aktion. Bislang ohne Erfolg.

Für ganz Spanien ist die Situation um Carles Puigdemont sehr delikat, denn Ministerpräsident Sanchez kann in Madrid nur mit den Stimmen der katalonischen Separatisten regieren. Eine offene Konfrontation mit „Junts“ kann sich die Regierung in Madrid gar nicht leisten, ohne Gefahr zu laufen, eine erneute Regierungkrise zu riskieren.

Doch wird die Auseinandersetzung zwischen Spanien und Puigdemont sehr persönlich. So fällt Puigdemont nicht unter die Amnestie, die für die übrigen Separatistenführer nach dem in Madrid als illegal betrachteten Refendum über die Unabhängigkeit Kataloniens ausgesprochen wurde und die Begründung, warum Puigdemont nicht amnestiert wurde, ist mehr als fadenscheinig. Die Richter in Madrid werfen ihm „persönliche Bereicherung“ vor, wobei sie einräumen, dass sich Puigdemont gar nicht persönlich bereichert habe, sondern öffentliche Gelder für die Organisation dieses Referendums eingesetzt habe, was so gut wie eine „persönliche Bereicherung“ sei. Also wird Puigdemont weiterhin per Haftbefehl gesucht.

Doch war die Polizeiaktion mit dem sinnigen Titel „Käfig“ nur halbherzig organisiert. Gestern wurden alle Ausfallstraßen Barcelonas intensiv kontrolliert, doch warum die Polizei Puigdemont unbehelligt seine Rede vor dem Regionalparlament halten ließ und ihn auch nicht auf dem Weg dorthin verhaftete, ist unklar. Es wurde sogar ein Polizist verhaftet, der Puigdemont offenbar ein Auto zur Flucht überlassen hatte und so geht das Katz- und Mausspiel munter weiter.

Ob die Frage der Unabhängigkeit Kataloniens richtig ist oder nicht, ist hier nicht die Frage. Doch die Art und Weise, wie Spanien diesen Mann verfolgt, ist falsch und undemokratisch. Der Mann ist gewählt worden, hält politische Mandate und ihn zu kriminalisieren ist definitiv nicht richtig. Es wird höchste Zeit, dass die Amnestie der katalonischen Separatisten auch auf Puigdemont ausgeweitet wird und die Auseinandersetzung politisch und nicht juristisch geführt wird. Denn die Verfolgung Puigdemonts ist eines Rechtsstaats wie Spanien nicht würdig.

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