Wo kommt nur diese Geringschätzung her?

Nach neuen Ausfällen und Beleidigungen sozial schwacher Mitmenschen rutscht die Popularität des französischen Präsidenten immer weiter in den Keller.

Das französische Königspaar winkt einem Langzeitarbeitslosen zu, der nach erfolgreicher Strassenüberquerung nun seinen neuen Job als Kellner auf den Champs Elysées antreten kann. Klasse! Foto: Chairman of the Joint Chiefs of Staff from Washington D.C., USA / Wikimedia Commons / PD

(KL) – Emmanuel „Jupiter“ Macron, der französische Präsident, liebt das Bad in der Menge. Vor allem, wenn er solche Bäder zu Ausfällen gegen diejenigen nutzen kann, die seiner Ansicht nach nicht viel mehr als Parasiten der Gesellschaft sind und diese eine „Wahnsinnskohle“ kosten. Die Liebesgeschichte zwischen diesem Präsidenten, dessen Haupttrümpfe sind, dass er „jung ist und gut aussieht“, neigt sich ihrem Ende zu. Und die Franzosen merken, dass sie eben keinen zweiten Justin Trudeau gewählt haben, sondern nur einen Emmanuel Marcon.

Am Wochenende hatte Macron wieder so eine Sternstunde. In einem kurzen Gespräch mit einem jungen Arbeitssuchenden, der eine Ausbildung als Landschaftsgärtner hatte, gab er einen denkwürdigen Tipp ab: „An deiner Stelle würde ich nur die Straße überqueren und hätte sofort einen Job als Bedienung in einem Café…“ Was für ein Zynismus! In einem Land, in dem in verschiedenen Regionen die Jugendarbeitslosigkeit bis zu 25 % beträgt, zeigt die Aussage von Macron, dass er inzwischen so weit von den Realitäten seiner Landsleute abgekoppelt ist, dass er nicht mehr mitbekommt, wie es wirklich in Frankreich aussieht.

Es ist nicht das erste Mal, dass sich Macron derartig geringschätzig seinen Landsleuten gegenüber zeigt und offenbar bekommen nicht einmal seine Hofschranzen mit, was gerade wirklich passiert. Vielleicht sollte ihm einer seiner vielen Berater einmal die Umfragen zeigen, aus denen hervorgeht, dass Macron in etwas mehr als einem Jahr Amtszeit nur noch die Zustimmung von 19 % der Franzosen hat. Im Klartext: vier von fünf Franzosen sind mit ihrem Präsidenten unzufrieden.

Kein Wunder – sein mit viel Trara und Inszenierung angekündigter „Kampf gegen die Armut“ ist, wenn man genau hinschaut, ein Witz. Die Finanzierung des Kampfs gegen die Armut erfolgt dadurch, dass man Wohngeld kürzt, Renten einfriert und andere Sozialleistungen spart. Dadurch sollen rund 6 Milliarden Euro umverteilt werden. Gleichzeitig spendiert der Präsident den „guten“ Franzosen, also den Reichen, ein Paket von 9 Milliarden Euro, das nicht etwa dadurch finanziert wird, dass er dieses Geld den Reichen an anderer Stelle abzwackt, also so, wie er es mit den sozial Schwachen tut, sondern diese 9 Milliarden werden solidarisch von allen Franzosen aufgebracht.

Auch die „Personality Show“ des Emmanuel Macron stößt inzwischen vielen Franzosen sauer auf. Muss der Elysee-Palast wirklich Merchandising mit T-Shirts, Mugs und anderen Gadgets mit dem Konterfei des Präsidenten vertreiben? Und wenn das schon sein muss, obwohl Macron kein Rockstar ist, wäre es dann nicht konsequent, auch ein italienisches Produkt mit ins Programm zu nehmen? Dort wird nämlich mittlerweile Toilettenpapier mit dem Bild des französischen Präsidenten verkauft…

Dass Macron inzwischen vor allem die Seiten der Regenbogenpresse füllt, mag seinem völlig überzogenen Ego dienen, dafür ist er allerdings auch aus den Seiten „Politik“, „Europa“ und „Wirtschaft“ so gut wie verschwunden. Da er wohl selbst seine Europapläne vergessen hat, ist es vermutlich auch besser, sich über Skandale wie seinen seltsamen Bodyguard Benalla zu ereifern oder darüber, dass die Kaiserin von Frankreich demnächst ihre eigene Rolle in einer Sitcom spielen wird. Denn mit so etwas wie ernsthafter Politik muss man unter diesem Präsidenten nicht mehr rechnen.

19 % Zustimmung nach einem Jahr Amtszeit – das hatten weder Sarkozy noch Hollande geschafft, dabei war Macron mit dem größten Vertrauensvorschuss von diesen dreien ins Amt gestartet. Die vielen Abgeordneten seiner Partei „En Marche“ können einem leidtun – sie arbeiten mit viel Engagement vor Ort, während ihr Präsident und alleiniger Chef alles daran setzt, ihre Arbeit zu erschweren. Naja, demnächst gibt es sicherlich auch einen Champagner namens „Cuvée Macron“ und damit kann man sich die Lage dann auch wieder schöntrinken…

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