Wo sich die wahre Macht befindet
Derjenige, der auf der Welt das Sagen hat, ist der chinesische Präsident Xi Jinping. Das muss nun auch Wladimir Putin erfahren. Partner bleiben die beiden trotzdem.
(KL) – Es lohnt sich, die chinesische Mentalität und Kultur zu studieren, alleine schon, um diplomatische Faux-Pas zu vermeiden. Doch auch, wenn sich gerade Ärger zwischen Peking und Moskau wegen der neuen Gas-Pipeline „Power of Siberia 2“ ankündigt, auch wenn China gerade erst erklärt hat, es würde „keine Waffen an Kriegsparteien liefern“, sollte man im Westen verstehen, dass dies ein für China ganz normaler Vorgang im Verhältnis zu einem anderen Staat ist. Chinas erstes Interesse ist immer wirtschaftlich und national und aufgrund der aktuellen Lage in Russland sieht Peking nun eine Möglichkeit, sehr günstig an russisches Gas und eventuell auch an Öl zu kommen.
Dabei ist die Nachrichtenlage verworren. Einerseits erfuhr die Welt gestern, dass Europa wieder mehr Gas aus Russland als aus den USA bezieht, andererseits steht die Drohung Putins im Raum, künftig alle seine Energieträger an China und nicht mehr nach Europa zu verkaufen. Und nun knüpft Xi plötzlich den Abschluss des Mega-Vertrags an eine Bedingung, die für Moskau nur schwer zu schlucken ist – China will die russischen Energieträger zu dem Preis kaufen, wie sie auch in Russland selbst verkauft werden. Dort sind diese Energieträger allerdings stark subventioniert, um die Energiepreise im Griff zu behalten und im Klartext will China die russischen Energieträger zu den gleichen subventionierten Preisen einkaufen wie die russische Industrie.
Bleiben wir bei der verworrenen Nachrichtenlage. Gerade erst hat die Gazprom-Führung erklärt, dass es mindestens zehn Jahre dauern würde, bis das bislang hochprofitable Unternehmen wieder aus den roten Zahlen herauskommt – alleine im letzten Jahr verbuchte Gazprom einen Verlust von 6,4 Milliarden Euro (zum ersten Mal seit 1999) und aufgrund des Wegfalls europäischer Kunden wurde auch die Förderung gedrosselt. Sollte aber jetzt Gazprom seine Energieträger zum subventionierten Preis nach China verkaufen, entstünden nicht nur unglaubliche Abhängigkeiten, sondern auch ein finanzieller Verlust, der für Russland nur schwer zu tragen wäre, während sich China die Hände reiben kann.
Und da haben wir es wieder, das Unverständnis der Art und Weise, wie China Geschäfte und Politik führt. Abgesehen von einem überdimensionierten Nationalgefühl geht es China immer zunächst ums Geschäft, während man sich in den Ländern, in denen sich China engagiert, völlig aus der Politik heraushält. Im BRICS-Verbund ist das nicht anders. Dort lassen die Chinesen Wladimir Putin auf der politischen Bühne herumtoben, ziehen aber immer schon im Hintergrund die Strippen, was alleine schon deshalb nachvollziehbar ist, da China das dicke Portemonnaie der BRICS-Organisation hat. Immerhin, die Bank der BRICS-Organisation, die „New Development Bank“, hat ihren Sitz in Shanghai…
Dass China nun den russischen Partner unter massiven finanziellen Druck setzt, bedeutet noch lange nicht, dass ein Bruch durch diese Partnerschaft oder gar die BRICS-Staaten ginge. China versucht, einen optimalen Deal auszuhandeln, Russland versucht zu retten, was zu retten ist, und ansonsten gilt „business as usual“.
Wer heute darauf baut, dass China für den Westen die Kastanien in der Ukraine aus dem Feuer holt, der täuscht sich. Das zeigt alleine schon die Tatsache, dass es China nicht für nötig hielt, am „Friedensgipfel“ in Luzern teilzunehmen. Die Fronten verhärten sich immer weiter und die Macht liegt heute nicht in Washington, Moskau oder Brüssel, sondern eindeutig in Peking. Und das wird sich so schnell nicht ändern.
Kommentar hinterlassen