Wolfgang Schäuble wird zur Belastung Europas und der Großen Koalition

Flapsige Bemerkungen zur Lage in Griechenland, permanente Drohkulissen und Alleingänge – Wolfgang Schäuble sollte es Yannis Varoufakis gleichtun und das Griechenlanddossier abgeben.

Wolfgang Schäuble sollte nicht mit seinem Rücktritt kokettieren - sondern einfach zurücktreten. Wird er aber nicht, dazu macht es ihm grade zu viel Freude. Foto: RudolfSimon / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 3.0

(KL) – Ja, klar, als Angela Merkel ihrem Finanzminister Wolfgang Schäuble im Bundestag für dessen Verhandlungen rund um das Thema Griechenland dankte, brandete in den CDU/CSU-Reihen der Beifall auf. Doch sollte man diesen Beifall ebenso wenig ernst nehmen wie das aktuelle Umfragehoch, in dem sich Wolfgang Schäuble gerade sonnt. Dass die deutsche Bevölkerung das Gefühl hat, Schäuble würde ihr Sparschwein retten, liegt in erster Linie daran, dass man in Deutschland nicht mitbekommt, welchen Schaden das deutsche Bild in den letzten Tagen auf der Welt genommen hat. Doch wie bei jedem Rausch wird sich relativ schnell der Kater einstellen – wenn die Deutschen merken, wohin sie Wolfgang Schäuble führt, ohne dass seine Kanzlerin ihn aufhalten könnte oder wollte, dürfte sich ziemlich schnell große Ernüchterung einstellen. Es wäre für alle Beteiligten besser, Schäuble würde sich aus dem Politikgeschäft zurückziehen.

Denn Schäuble ist inzwischen zum Symbol für den unnachgiebigen Deutschen geworden, dem es nicht ausreicht, Griechenland seine Vorstellungen aufzuzwingen, sondern der auch noch eine ungute Art der persönlichen Freude daraus zieht, die linke griechische Regierung nach allen Regeln der Kunst am Nasenring durch die Manage zu führen. Doch gibt es leider in der Geschichte kein einziges Beispiel dafür, dass das Verhöhnen eines anderen Volks irgendetwas Positives gezeitigt hätte. So hätte es sich Schäuble durchaus auch verkneifen können, den USA im Scherz einen Tausch von Griechenland gegen das ebenso verschuldete Panama anzubieten – solche „Scherze“ zeigen deutlich, dass Schäuble keinesfalls die „Rettung“ Griechenlands im Sinn hat, sondern eine Art persönlichen Kreuzzug gegen ein Land führt, das die Unverschämtheit hatte, eine linke Regierung zu wählen, deren erklärtes Ziel es ist, das korrupte Finanz- und Bankensystem als obersten Souverän abzulösen. Schäuble, der sein ganzes Leben genau für dieses System gearbeitet hat, muss die Syriza als eine Art persönliche Beleidigung aufgefasst haben.

Dass Schäuble nun in Interviews wie dem im SPIEGEL einen möglichen Rücktritt ins Gespräch bringt, ist dabei ebenso als „Scherz“ zu verstehen. Denn außer der Phase der deutschen Wiedervereinigung hatte Schäuble noch nie so viel Macht und mediale Aufmerksamkeit wie heute. Der Mann ist gerade mitten in seinem Element und hatte zu keinem Zeitpunkt vor, das politische Handtuch zu werfen. Insofern ist das Kokettieren („dann gehe ich eben zum Bundespräsidenten und bitte um meine Entlassung“) ebenso geschmacklos wie das Gerede um einen zeitweisen „Grexit“, von dem Experte Schäuble ganz genau weiß, dass sich Griechenland davon kaum erholen könnte.

Anders als in Deutschland, wo man ja bekanntlich seit Bismarck gerne Politikern zujubelt, die mit „eiserner Hand“ regieren, ist Schäuble international nicht der Superstar, sondern der Buhmannn, dessen Fehler gerade dabei sind, 55 Jahre der europäischen Aufbauarbeit zu vernichten. Doch bekommt in Deutschland kaum jemand mit, dass die Liste der Nobelpreisträger, die Schäubles Wüten kopfschüttelnd kommentieren, täglich länger wird.

Yannis Varoufakis hat es vorgemacht – und ist zurückgetreten, um den Weg zu unbelasteten Gesprächen zu eröffnen. Wolfgang Schäuble sollte es ähnlich machen, denn er ist inzwischen zu einer echten Belastung für alle geworden, sogar für seine Partner in der Großen Koalition. Die SPD, die als Juniorpartner der Großen Koalition zwangsläufig jeden Mist mittragen muss, den die Regierung verzapft, reagiert inzwischen verschnupft auf die Personalie Schäuble. Selbst aus innenpolitischen Gründen wäre der Zeitpunkt für einen Rücktritt Schäubles daher günstig. Und vielleicht könnte sein Rückzug dazu beitragen, den deutschen Imageverlust in der Welt ein wenig abzufedern. Porzellan hat diese Regierung inzwischen genug zerschlagen.

2 Kommentare zu Wolfgang Schäuble wird zur Belastung Europas und der Großen Koalition

  1. Alexis LEHMANN // 26. Juli 2015 um 17:59 // Antworten

    Il ne faut pas être injuste et outrageusement sévère avec Wolgang Schaüble . C’est dans la vie un homme charmant, francophile et francophone. Juriste, il ne peut admettre que les termes d’un accord “synallagmatique” signé sans contrainte et en connaissance de cause par les deux partis ne soient pas respectés.Qui au niveau du respect humain fait il la plus grande faute ? Qui est le plus condamnable ?
    Celui qui respecte la parole donnée, ou celui qui ne la respecte pas ?

  2. Kai Littmann // 26. Juli 2015 um 22:02 // Antworten

    Cher Alexis, le même Wolfgang Schäuble n’aurait pas du, en appliquant les mêmes principes, signer l’accord sur la réunification allemande en 1990. Et il a allègrement oublié que l’Allemagne a bénéficié en 1953 d’une baisse de sa dette de 110 milliards de Deutschmark – ce qui correspond à la somme que doit la Grèce aujourd’hui. Si en 1953, l’allemagne avait eu en face un Wolfgang Schäuble dans l’un des 70 pays ayant signé ce “haircut” pour l’Allemagne, le “Wirtschaftswunder” n’aurait jamais eu lieu et l’Allemagne serait un pays purement agricole. Pourquoi alors cette rigidité, fort de l’expérience historique qui veut qu’une telle mesure puisse relancer un pays ? Le comportement carrément cynique de Schäuble vis-à-vis de la Grèce est tout sauf charmant – et il est difficile de ne pas penser qu’il se trouve sur une croisade personnelle contre un gouvernement de gauche qui a eu l’audace de remettre en question une Europe entièrement consacrée aux “marchés” et qui a oublié sa vocation humaniste. Les accords actuellement signés, sont signés le pistolet sur la tempe – ce qui fait penser que Schäuble, aussi sympathique qu’il soit peut être à titre privé, est en train de tenter un coup d’état en Grèce avec le but d’y réinstaller son copain Samaras – en faisant fi que Samaras porte cent fois de responsabilité dans la crise grecque qu’un Alexis Tsipras (qui en plus, porte ton joli prénom !). Amitiés Kai

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