Zeit für bittere Pillen…

… die niemand so richtig mitbekommt. Jetzt ist der optimale Zeitpunkt für unpopuläre Entscheidungen, denn die Menschen sind anderweitig beschäftigt.

Eigentlich will kaum jemand das CETA - bekommen tun wir es trotzdem. Foto: MOtty / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 4.0int

(KL) – Frankreich wird zur Weihnachtszeit seine Rentenreform auf den Weg bringen und nutzt dabei einerseits die Möglichkeit, diese am Parlament vorbei durchzuboxen und andererseits den Umstand, dass die Menschen gerade andere Sorgen haben. Deutschland macht es ähnlich. Fast unbemerkt hat der Bundestag das stark kritisierte CETA-Freihandelsabkommen mit Kanada ratifiziert, und sich dabei ebenfalls den Moment zunutze gemacht. Zwischen Ukraine-Krieg, Pandemie, Skandal-WM, Inflation und Adventszeit interessiert sich momentan kaum jemand für so etwas Technisches wie dieses Freihandelsabkommen.

CETA betrifft rund 98 % der Waren, die zwischen Kanada und Europa und Deutschland gehandelt werden. Warum dieses Freihandelsabkommen, das Umwelt- und Verbraucherschutz-Regelungen außer Kraft setzt und kanadischen Unternehmen unglaubliche Sonderregelungen einräumt, unbedingt jetzt durchgepeitscht werden musste, ist unklar. Der Handel mit Kanada macht gerade einmal 0,6 % des deutschen Außenhandels aus und es wäre richtiger gewesen, dieses Abkommen breiter zu diskutieren als diese flotte Ratifizierung im Bundestag.

Gewiss, das Abkommen ist bereits seit einiger Zeit „provisorisch“ in der Anwendung, aber bevor alle 27 EU-Mitgliedsstaaten es ratifiziert haben, ist es eben noch nicht in Kraft. Es fehlen nur noch wenige Ratifizierungen, damit es endgültig die Handelsbeziehungen zu Kanada festzurrt und offenbar ist es den Europäern wichtig und eilig, sich nach Russland und China nun in neue Abhängigkeiten zu begeben – ob wohl Gaslieferungen aus Kanada der wahre Grund für diese Eile sind?

Es wird immer schwerer zu glauben, dass Politiker für das Management des Allgemeinwohls gewählt werden. Stattdessen entwickelt sich Politik immer mehr in Richtung des römischen Statthalter-Systems, bei dem sich die jeweilig Nominierten während der Dauer ihres Mandats die Taschen füllten.

Unternehmer, die sich an Ausschreibungen beteiligen, an denen auch kanadische Anbieter teilnehmen, werden sich wundern. Denn wenn ein kanadischer Unternehmer das Gefühl hat, benachteiligt zu werden, kann er vor einem privaten (!) Schiedsgericht klagen und gegen das Urteil gibt es keine Berufungsmöglichkeiten vor einem normalen Gericht. Warum man so einen Quatsch in ein Freihandelsabkommen schreibt, das muss man diejenigen fragen, die es ausgearbeitet haben.

Dre Monat Dezember wird noch einige Überraschungen dieser Art bereithalten, denn die Menschen sind gerade so abgelenkt, dass man so ziemlich alles durchwinken kann, ohne dass es jemand merkt. Wie gut, dass wir in so einwandfrei funktionierenden Demokratien leben…

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