Zu wenig, zu spät, mit falschem Ansatz

Die innenpolitische Katastrophe, die Emmanuel Macron mit seiner Rentenreform ausgelöst hat, wird er durch seine angekündigten paternalistischen „Geschenke“ auch nicht vergessen machen.

Die Mehrheit der Franzosen wünscht sich von ihrem Präsidenten nur noch eines - einen baldigen Rücktritt. Foto: Lorie Shaull from St. Paul, United States / Wikimedia Commons / CC-BY 2.0

(KL) – Es ist verständlich, dass der französische Präsident Emmanuel Macron alles daran setzt, nach der verkorksten Rentenreform nun schnell wieder zum „Business as usual“ zurückzukehren. Doch damit stöβt Macron nur auf wenig Resonanz bei den Franzosen, zumal er es einfach nicht lassen kann, als „Wiedergutmachung“ ein paar Euro in königlicher Manier auf seine Untertanen regnen zu lassen. Selbst die Art und Weise, mit der Macron seine „Wohltaten“ verkündet, bringt die Franzosen auf die Palme. Denn nach wie vor behandelt er seine Landsleute so, als seien diese geistig minderbemittelt und darauf angewiesen, dass sich ein „gütiger Herrscher“ wie Macron um ihr Wohlergehen kümmert.

So kündigte Macron in einem seiner seltenen TV-Auftritte an, die Steuerbelastung für diejenigen senken zu wollen, die zwischen 1500 und 2500 € im Monat verdienen. Doch wie immer lohnt es sich bei Macron, auch das Kleingedruckte zu lesen. So soll diese Steuersenkung „bis zum Ende der fünfjährigen Amtszeit“ des Präsidenten eingeführt werden, sprich, nicht vor 2027 und damit wird dieses royale „Geschenk“ absolut keine Auswirkung auf die gebeutelte Kaufkraft der Franzosen haben. Denn die Inflation findet heute statt und nicht erst 2027. Wie so oft ist auch diese Ankündigung in die Kategorie „billige politische Kommunikation“ einzuordnen und selbst 2027 wird sie nicht allzu viel bringen, ist diese Steuersenkung doch auf 2 Milliarden Euro gedeckelt. Wenn man sieht, wie die französische Regierung in den letzten drei Jahren die Groβunternehmen mit Milliardenbeträgen füttert, dann sind diese geplanten 2 Milliarden Euro für die französischen Durchschnittsverdiener im unteren Segment fast schon ein Schlag ins Gesicht.

Nachdem der Präsident seit Januar auf legale, aber illegitime Weise die demokratischen Institutionen Frankreichs ausgehebelt hatte, um den Franzosen seinen persönlichen Willen aufzuzwingen, hofft Macron nun, diese Episode vergessen zu machen. Doch einmal mehr zeigt sich, dass der Elysee-Palast mit seinen Hofschranzen und Beratern nicht versteht, wie die Franzosen wirklich ticken. Immerhin, das, was Macrons Erfüllungsgehilfen in der Regierung immer so niedlich als „ein klein biβchen länger arbeiten“ bezeichnen, die komplette Lebensurlaubszeit des durchschnittlichen Arbeitnehmers ist. Zwei Jahre. Die natürlich diejenigen, die darüber entscheiden, persönlich nicht im Geringsten betrifft.

Macrons royale Wiedergutmachungsversuche werden schon am 6. Juni einen herben Dämpfer erfahren, nämlich dann, wenn der nächste Aktionstag der Gewerkschaften mit Streiks und Demonstrationen stattfindet. Macron täuscht sich, wenn er glaubt, dass seine „Schwamm-drüber-Strategie“ bei seinen Landsleuten verfängt. Getragen wird der Präsident nur noch von einer kleinen und immer kleiner werdenden Gruppe treuer Jünger, die vermutlich auch dann begeistert Beifall klatschen würden, wenn der Präsident verkünden würde, dass die Erde eine Scheibe sei. Ansonsten haben sich die Franzosen von diesem Präsidenten abgewandt.

Die Franzosen erwarten von ihrer Regierung nicht etwa ab und zu einen Scheck wegen der erhöhten Energiepreise, sie erwarten auch keine Ankündigungen für Steuererleichterungen, von denen in vier Jahren ohnehin niemand mehr sprechen wird, sondern sie erwarten von Präsident und Regierung einen respektvollen Umgang mit der Bevölkerung und ebenfalls den Respekt vor den demokratisch gewählten Institutionen. Doch leider handelt es sich dabei um den Bereich, in dem Präsident und Regierung eher auf Kreisklassenniveau unterwegs sind. Am 6. Juni erlebt Frankreich dann das nächste Kapitel in der Geschichte, in der ein Präsident und seine Regierung ihr Volk verloren, ohne das zu merken…

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