Zu wenig, zu spät, zu unentschlossen
Die kritischen Stimmen zur Fußball-WM in Katar mehren sich. Doch nützen die aktuellen Erklärungen nichts – die WM wird genau so stattfinden, wie sich die Scheichs das wünschen.
(KL) – Natürlich ist es aller Ehren wert, dass sich nun zahlreiche frühere Fußballer zu Wort melden und sich gegen die WM in Katar aussprechen, aufgrund der zahlreichen Menschenrechtsverletzungen in Katar, aufgrund der offensichtlichen Korruption der FIFA, aufgrund des mehr als seltsamen Projekts, mitten im Winter die besten Kicker der Welt in der Wüste in klimatisierten Stadien antreten zu lassen, bei deren Bau Tausende Arbeiter ums Leben kamen und die nach dieser WM nicht mehr gebraucht werden, so wie 2010 in Südafrika, wo die damals gebauten Stadien dem Verfall preisgegeben sind. Nur – Konsequenzen werden die honorigen Erklärungen keine haben, Mitte November werden alle brav in Katar auf der Matte stehen und den Scheichs genau das Spektakel abliefern, das sie für teures Geld von FIFA-Boss Gianni Infantino gekauft haben.
Ob nun ein Eric Cantona oder ein Phillip Lahm diese WM „boykottieren“ wollen, ob sich nun ein Hansi Flick kritisch äußert, ob nun immer mehr Sportkneipen ankündigen, die Spiele nicht übertragen zu wollen – am Ende bekommen die Scheichs genau das Paket, das sie bei Infantino bestellt haben. Besser noch: Während sich immer mehr Sportler und Nicht-Sportler kritisch äußern, verhökert Gianni Infantino noch auf die Schnelle das Eröffnungsspiel. Denn eigentlich sollte das Eröffnungsspiel am 21. November 2022 stattfinden, doch die Katari wollten dann doch eine besondere Show zur Eröffnung haben, woraufhin die FIFA flugs das Eröffnungsspiel einen Tag vorverlegte, was denjenigen, die es über das Herz bringen, diese schräge WM tatsächlich anzuschauen, den Fußball-Leckerbissen Katar – Equador beschert.
Natürlich ist es jetzt zu spät, um noch zu intervenieren. Keine einzige Nation, die sich qualifizieren konnte, hat je öffentlich mit dem Gedanken gespielt, das Turnier zu boykottieren. Nach den schockierenden Berichten von Amnesty International zu den menschenunwürdigen Arbeitsbedingungen hat niemand Druck auf Katar ausgeübt. Es protestierte auch niemand, als Gianni Infantino die Berichte als unwahr bezeichnete und seinen Freunden in Katar eine Art Blankoscheck ausstellte. Als die Katari Homosexuellen und unverheirateten Paaren (!), die als Fans anreisen wollten, Verfolgung und Inhaftierung angedroht hatten, hat kein Team seine Teilnahme abgesagt. Als selbst kurzfristig der Spielplan geändert wurde, regte sich nirgends Protest.
Dabei wäre es noch bis zum Frühjahr möglich gewesen, eine Alternative zu organisieren. Ein alternatives Einladungsturnier mit den besten Teams, weil das auch eine deutliche Ansage an die FIFA gewesen wäre, dass es mit der systematischen Korruption vorbei sei.
Nun wird man die Aufarbeitung dieser Skandal-WM nach dem Turnier erledigen müssen und die erste Aufgabe der Fußball-Welt ist klar: Die komplette Struktur der FIFA muss ausgemistet werden, die handelnden Personen müssen sofort abgesetzt werden, der Korruption im Weltfußball muss ein Ende gemacht werden. Gianni Infantino, Ziehsohn des nicht minder korrupten Sepp Blatter, hat im internationalen Fußball nichts mehr verloren und er muss mit seinem Team sofort in die Wüste geschickt werden. Für Infantino dürfte selbst das unproblematisch werden, hat der Mann doch seinen Wohnsitz zu seinen neuen Freunden in den Emiraten verlegt. Und auch, wenn das nichts ändert, so wird auch Eurojournalist(e) diese WM boykottieren, es wird keinen einzigen Spielbericht, keine sportliche Vorschau und keine sportlichen Kommentare zu diesem Turnier der Schande bei uns geben.
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