Zum Regieren bleibt kaum Zeit

Der Jahreskalender französischer Politiker ist sehr voll. So voll, dass kaum noch Zeit zum Regieren bleibt. Aber das macht nichts – sie sind ja genug.

Das Jahr des französischen Politikers ist hart. Richtig hart. Foto: Olives at French Wikipedia / Wikimedia Commons / GNU 3

(KL) – In keinem anderen Land gibt es so viele gewählte Volksvertreter wie in Frankreich. Nach Schätzungen bekleiden rund 600.000 Franzosen ein gewähltes Amt, was ungefähr 1 % der französischen Bevölkerung entspricht. Und da in Frankreich so viele traditionelle Termine an ebenso vielen Buffets wahrgenommen werden müssen, braucht es auch so viele Gewählte, damit zwischen all den Buffetterminen auch noch ein wenig regiert werden kann.

Der Januar ist für die französischen Politiker ein Großkampfmonat. Denn den ganzen Monat Januar über müssen sie von einer „Beste Wünsche fürs neue Jahr“-Veranstaltung zur nächsten hetzen, ein paar leere Satzhülsen zum Besten geben und ein Häppchen und ein Gläschen am Buffet zu sich nehmen. Lachen Sie nicht – wenn man das im Januar nicht einmal, sondern 50mal machen muss, dann ist das echt anstrengend.

Zum Glück gibt es im Februar ein wenig Zeit, sich von dem anstrengenden Januar zu erholen. Denn im Februar gibt es traditionell zwei Wochen Skiferien in Frankreich. Auf steilen Abfahrten kann man ein wenig vom Jahreswechselspeck abtrainieren und sich auf den März vorbereiten, denn im März wird tatsächlich gearbeitet.

Doch bevor das zu intensiv wird, steht zum Glück Ostern im April vor der Tür. Das Fest will vorbereitet und begangen werden, bevor man sich von diesen anstrengenden Wochen im Mai ein wenig entspannen kann. Das ist auch wichtig, denn im Juni arbeitet man dann hektisch an allem, was möglichst vor den Sommerferien erledigt sein sollte.

Die Sommerferien, also Juli und August, sind historisch dem Stillstand des ganzen Landes gewidmet. Man fährt in die Sommerfrische an die Atlantik- oder Mittelmeerküste und gewinnt endlich ein wenig Abstand von der anstrengenden ersten Jahreshälfte.

Im September, und das gibt es in dieser Form nur in Frankreich, kommt die „Rentrée“. Dieser Begriff beschreibt die Depression, die das Land am Ende der Sommerferien erfasst und die es den ganzen September über lähmt. Nach zwei Monaten Pause ist es aber auch ganz schön schwierig, in den Rhythmus zu kommen.

Diesen schönen Zustand erreicht man dann im Oktober. Im Oktober sind alle in Topform (auch, wenn man sich als Politiker auf endlosen Weinfesten blicken lassen muss…) und es wird gearbeitet wie nur was. Mit Vollgas!

Das ist auch gut so, denn bereits im November müssen sich alle auf die bevorstehenden Feste zum Jahresende vorbereiten. Weihnachtsmärkte werden aufgebaut, dazu finden im November zahlreiche wichtige Konferenzen und Veranstaltungen statt, und das nimmt viel Zeit in Anspruch.

Im Dezember, na ja, sprechen wir nicht drüber. Weihnachtsfeiern, Weihnachtsfeiern und Weihnachtsfeiern. Und dann, endlich, die wohl verdienten Weihnachtsferien. Bevor dann alles wieder im Januar losgeht.

Also – hört endlich mit diesem „Politiker-Bashing“ auf – die Jungs und Mädels haben es auch nicht einfach…

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