Zurück in der Realität

Nun sind die Olympischen Spiele Paris 2024 vorbei und Frankreich wacht wieder in der Realität der „Macronie“ auf. Einen Joker hat Emmanuel Macron noch.

Statt erfolgreiche Sportler zu knutschen muss sich Macron nun wieder mit wütenden Franzosen auseinander setzen... Foto: ScS EJ

(KL) – Wäre es nach Emmanuel Macron gegangen, hätten die Olympischen Spiele von Paris bis 2027 und dem Ende seiner Amtszeit gedauert, doch nun ist zumindest der erste Teil der von ihm dekretierten „olympischen Pause“ vorbei und seine innenpolitischen Probleme sind unverändert da. Die Hoffnung, dass ihm die Franzosen im olympischen Freudentaumel seinen Anschlag auf die französische Demokratie einfach verzeihen, wird sich nicht erfüllen. Zwar ist zwei Wochen lang die Ablenkung von den Problemen Frankreichs und der Welt gelungen, doch keines dieser Probleme wurde gelöst und genau das muss Macron nun tun. Ob er überhaupt dazu in der Lage ist, wird sich zeigen müssen.

Frankreich braucht nach den vorgezogenen Parlamentswahlen, die hektisch noch vor den Olympischen Spielen organisiert worden waren, jetzt eine Regierung und zwar nicht etwa diejenige, die von den Franzosen abgewählt wurde, die aber trotzdem weiterhin im Amt ist. Bisher hat Macron alle Vorschläge abgelehnt und fordert die „republikanischen“ Parteien auf, sich hinter seinen verbliebenen 99 Abgeordneten zu versammeln, damit seine abgewählte Regierung weitermachen kann.

Die von Macron dekretierte „olympische Pause“ wurde tatsächlich eingehalten und Frankreichs Athleten nutzten die Gelegenheit, dem Land neue Helden wie Leon Marchand oder bewährte Helden wie Teddy Riner zu spendieren. Das war auch dringend nötig, denn diejenigen, die sich zuletzt als „Frankreichs Helden“ aufgespielt hatten, sind gar keine. Nun kann Macron nur noch einen Joker ziehen, nämlich eine zweite „olympische Pause“ während der „Paraolympics“, die vom 28. August bis zum 8. September stattfinden werden, wobei allerdings zu befürchten steht, dass diese weniger Begeisterung in Frankreich auslösen werden als die gerade zuende gegangen Spiele. Dazu fällt dieser zweite olympische Teil in die Phase der „Rentrée“, also das Ende der großen Ferien, wenn Schule und Arbeit wieder beginnen und die Franzosen, wie jedes Jahr, richtig schlecht gelaunt sein werden.

An der Ausgangslage nach den Wahlen am 30. Juni und 7. Juli hat sich nichts geändert. Nach wie vor zeichnet sich keine Koalition ab, nach wie vor weigert sich Macron, einen neuen Regierungschef aus den Reihen der „Neuen Volksfront“ zu ernennen, nach wie vor weigert er sich, die dreifache Wahlschlappe seiner „Macronie“ anzuerkennen. Doch wird er so nicht bis 2027 weitermachen können, denn die Franzosen haben massiv für eine politische Veränderung gestimmt, die ihnen dieser Präsident nicht mehr lange verweigern kann.

Dass die Franzosen nun etwas Zeit hatten, sich und ihr Land zu feiern, ist völlig in Ordnung so. Dass aber diese kurze Pause eben nur eine kurze Pause war, ist klar – Macron muss sich nun etwas Neues einfallen lassen und das wird er auch. Nur, wenn er weiterhin die Wahlergebnisse ignoriert, steht ihm ein ganz heißer Herbst ins Haus. Und langsam wäre es an der Zeit, die „neue Mode“ wieder abzuschaffen, nach der sich Machthaber einfach weigern, Wahlergebnisse anzuerkennen und umzusetzen. Das haben vor Macron bereits Trump, Bolsonaro, Maduro und andere gemacht und da dieses Verhalten die Demokratie ad absurdum führt, sollte das auch schleunigst wieder aufhören.

Immerhin, wenigstens einige der Spitzenkräfte der Macronie wie die Ministerinnen Agnes Pannier-Runacher oder Aurore Bergé, haben verstanden, dass ihre Partei die Wahlen verloren hat und sagen laut und deutlich, dass der nächste Regierungschef nicht aus den Reihen der „Macronie“ stammen darf. Doch die von den beiden geforderte „Demut vor den Wahlergebnissen“ passt so gar nicht in die Software von Emmanuel Macron, der sich sicherlich noch einiges einfallen lassen wird, um weiter über die Franzosen zu herrschen wie ein Monarch. Was die Franzosen von dieser Attitude halten, werden sie im Herbst laut und deutlich kundtun.

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