Zuwanderung in Deutschland – wir spalten und spalten und spalten…
Auch Fremdenfeinde, Islamhasser und Neonazis sind Wähler - weswegen die Politik immer mehr die Zuwanderergruppen spaltet. Doch genau das führt zu den aktuellen Gewaltexzessen.
(KL) – Die Aggressionen gegen alles, was irgendwie ausländisch aussieht, kochen in Deutschland hoch. Zwar ist das Phänomen des Fremdenhasses in den neuen Bundesländern besonders ausgeprägt, doch beschränkt es sich nicht auf Länder wie Sachsen, Thüringen oder Brandenburg. Auch in den alten Bundesländern flackert die Gewalt auf, überwiegend gegen Flüchtlingsheime, doch auch immer häufiger gegen Personen. Nachdem Europa nicht in der Lage war, verbindliche Quoten zur Verteilung von Flüchtlingen festzulegen, versucht nun die deutsche Politik, alle gleichzeitig die Gewalt in den Griff zu bekommen, aber eben auch keine Wählerstimmen am ekligen Rand rechtsaußen des Wählerspektrums zu verlieren. Dazu dient die fürchterliche Unterteilung in „Flüchtlinge“ und „Wirtschaftsflüchtlinge“. Doch genau mit dieser Unterscheidung heizt die Politik den dumpfen Fremdenhass nur weiter an. Dabei gbe es eine gute Lösung, mit denen man allen gerecht würde.
In Deutschland gibt es inzwischen „gute“ und „schlechte“ Flüchtlinge. Die „guten“, das sind Flüchtlinge, die vor Krieg, Bürgerkrieg, politischer und religiöser Verfolgung geflohen sind, also aus Syrien, Afghanistan und vergleichbaren Ländern. Die „schlechten“, das sind Asylbewerber aus den Balkan-Staaten, aus Nordafrika oder anderen Regionen, in denen sie keine Perspektive haben, aber nicht von staatlicher Gewalt bedroht sind. Und viele BILD-Leser sind sich einig – das Pack darf nicht nach Deutschland. Die haben ja gar keine Pistole an der Schläfe gehabt!
Wie unmenschlich diese Unterteilung in „gute“ und „schlechte“ Asylbewerber ist, kann man schnell nachvollziehen, wenn man sich nur einen Moment an die Stelle eines Asylbewerbers versetzt. Stellen Sie sich vor, Sie leben im Kosovo, den die deutsche Regierung ja als „sicheres Herkunftsland“ betrachtet. Im Kosovo herrscht ein nicht erklärter Bürgerkrieg und nackte Anarchie. Es gibt weder Arbeit, noch geregelte staatliche Strukturen. Es herrschen „War Lords“, die ihre lokalen kriminellen Regimes aufgezogen haben und die lokale Bevölkerung drangsalieren. Nun stellen Sie sich vor, Sie leben dort mit Ihren beiden Kindern, die Sie nicht mehr ernähren und kleiden können – dazu leben Sie in ständiger Angst vor gewalttätigen Übergriffen der lokalen, kriminellen Banden. Was tun Sie? Denken Sie „auf keinen Fall will ich dem deutschen Michel auf der Tasche liegen, ich bleibe lieber hier und harre der Dinge, die da kommen, auch, wenn meine Familie hungert und permanenter Gefahr ausgesetzt ist“ oder denken Sie „etwas Besseres als den Tod finden wir überall“, schnappen Ihre Familie und versuchen nach Deutschland zu gelangen?
Natürlich werden Sie Ihre Familie weder Hunger-, noch Kälte- noch gewalttätigem Tod aussetzten, sondern versuchen, dorthin zu kommen, wo es genug zu essen, Kleidung und ein Dach über dem Kopf gibt. Würden Sie das nicht tun, wären Sie ein ziemlich verantwortungsloser Zeitgenosse Ihrer Familie gegenüber. Doch hier beginnt das Problem – Sie sind ein „Wirtschaftsflüchtling“. Einer, der keine Hilfe verdient hat. Den man in ein Auffanglager steckt und im Schnellverfahren wieder abschiebt. Dorthin, wo Sie hergekommen sind.
Wir müssen, wollen wir ein Mindestmaß an zivilisatorischer Errungenschaft beibehalten, beiden Gruppen von Flüchtlingen helfen. „Nein,“ werden Sie jetzt sagen, „wir können doch nicht alle bei uns aufnehmen“. Das ist ein Standpunkt, den man verstehen kann. Denn die Aufnahme von Flüchtlingen kostet Geld, viel Geld. Geld, das wir nicht einmal für unsere sozial Schwächsten auszugeben bereit sind, die deswegen auf die Straße gehen und Brandsätze auf Flüchtlingsheime werfen. Denn wer selbst zum Bodensatz unserer Gesellschaft gehört, der gibt sich nicht mehr die Mühe, zwischen „guten“ und „schlechten“ Flüchtlingen zu unterscheiden.
Darüber, dass wir den „guten“ Flüchtlingen helfen müssen, herrscht so etwas wie Konsens in Deutschland. Denn praktisch jeder, bis auf ein paar hirnverbrannte Neonazis, kann verstehen, dass man, wenn man von den Killern des Islamischen Staats verfolgt wird, besser flüchtet, um sein Leben zu retten. Doch was ist mit den „schlechten“ Flüchtlingen, den „Wirtschaftsflüchtlingen“? Hier herrscht in Deutschland so etwas wie ein Konsens, dass man dieses Gesocks so schnell wie möglich loswerden muss. Dies liegt unter anderem daran, dass praktisch sämtliche Spitzenpolitiker in Deutschland (mal von einigen Grünen und Linken abgesehen) versuchen, gegen diese „Wirtschaftsflüchtlinge“ Stimmung zu machen. Härte fordern. Schnellere Abschiebungen wollen. Leistungen kürzen möchten.
Diese Botschaft ist in Dresden und Freital und anderswo beim Mob angekommen. Und wie wird man Asylbewerber los? Indem man ihre Wohnheime zerstört und sie körperlich angreift, bedroht und einschüchtert. „Die sollen sich hier erst gar nicht wohlfühlen“, hört man immer wieder. Doch das ist falsch und grausam.
Zahlreiche Experten warten dagegen mit einer anderen Option auf – wie wäre es, wenn man grundsätzlich alle Grenzen weltweit öffnen würde? Was zunächst danach klingt, als hätte jemand zu tief ins Glas geschaut, stellt sich bei näherem Hinsehen als gangbarer Weg heraus. Denn was würde passieren, würde man die Grenzen weltweit öffnen? Die Industriestaaten hätten gar keine andere Wahl, als auf den einen oder anderen Düsenjäger zu verzichten und das so eingesparte Geld in den Ländern zu investieren, aus denen die meisten Flüchtlinge kommen. Besser noch, die Industrieländer könnten auch nicht mehr einfach irgendwelchen Diktatoren Geldbeträge überweisen, wie sie es heute tun, sondern sie müssten aus purem Eigennutz überwachen, dass bereitgestellte Gelder auch tatsächlich in Infrastrukturen und Perspektiven für die dort lebenden Menschen investiert würden, nicht nur in den achten Luxuspalast des lokalen Diktators.
Eine solche weltweite Grenzöffnung würde die Politik international zum Umdenken zwingen. Denken Sie nicht gleich, dass so etwas Quatsch wäre. Denn der Quatsch ist das, was wir heute machen und wie erfolglos das aktuelle, natürlich auch vom Menschen gemachte System ist, das sehen Sie, wenn Sie nach Freital oder Dresden fahren, wenn Sie den Grund des Mittelmeers abscannen und dort Hunderttausende Leichen entdecken. Vielleicht sollte man einfach mehr Mut in der Politik haben und neue Schritte wagen, als weiter vom Schreibtisch aus Millionen von Menschen zu einem unwürdigen Leben, zu Hunger, Verfolgung und letztlich zum Tod zu verurteilen. Zumindest könnte es sich lohnen, über solche Dinge einmal ernsthaft nachzudenken.
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