Zwei Arten des Umgangs mit dem Drama von Paris

Während die islamische Welt schon wieder wegen der neuen Charlie Hebdo-Ausgabe tobt, gehen die Religionen in Straßburg aufeinander zu. Raten Sie mal, was mehr Sinn macht.

Sehr würdevoll, die Zeremonie zum Andenken an die Opfer von Paris. In Strassburg sucht man aktiv den Schulterschluss. Foto: Claude Truong-Ngoc / Eurojournalist(e)

(KL) – Dass der völlig benebelte Islamische Staat mit seinen barbarischen Wahnsinnigen keine andere Antwort auf die neue Charlie Hebdo-Ausgabe wusste, als gleich neue Attentate anzukündigen, damit musste man rechnen. Das hätten sie auch ohne das putzige Titelbild gemacht, denn der IS kündigt immer neue Attentate an. Dass man auch im Iran nicht verständnisvoller reagiert, war auch zu erwarten. Wobei es auch mal erfrischend gewesen wer, wenn der Iran sich einfach eines Kommentars enthalten hätte. Doch während die Hardliner schon wieder die Messer wetzen, setzt man in Straßburg auf Dialog und reicht sich die Hand.

So trafen sich in der Straßburger Synagoge nicht nur die jüdische Gemeinschaft von Straßburg, sondern auch hohe Vertreter der anderen Glaubensgemeinschaften, der Stadt, der Präfektur, um gemeinsam der Opfer der Anschläge von Paris zu gedenken. Dieses gemeinsame Andenken wurde zu einer Demonstration des Willens, eine neue Basis des Zusammenlebens in Frankreich zu erschaffen. Was, wie Rabbi René Gutman unterstrich, auch wirklich notwendig ist. Denn angesichts der antisemitischen Angriffe in ganz Frankreich, auch schon vor den Attentaten von Paris, bringt immer mehr jüdische Franzosen dazu, das Land in Richtung Israel zu verlassen.

5000 jüdische Familien zogen alleine im letzten Jahr von Frankreich nach Israel, da sie sich in Frankreich nicht mehr sicher fühlen. Hier ist die ganze französische Gesellschaft gefordert, massiv gegenzusteuern. “Vor 73 Jahren mussten sich Juden in Frankreich verstecken, da sie verfolgt wurden und es überlebten nur diejenigen, die sich am besten verstecken konnten”, sagte Gutman, und erinnerte an den (moslemischen) Angestellten des jüdischen Supermarkts in Paris, der zahlreichen Menschen das Leben rettete, indem er sie in einer Kühlkammer einschloss. “Heute sind wir schon wieder so weit, dass sich Juden verstecken und um ihr Leben zittern müssen”.

Gemeinsam machten die Vertreter der verschiedenen Glaubensgemeinschaften, Präfekt Stéphane Bouillon und die Vertreter der Stadt Straßburg deutlich, dass sie nicht gewillt sind, die Gesellschaft durch solche Gewaltakte spalten zu lassen.

Die vom Straßburger OB Roland Ries geplante “Bürgerkonferenz” könnte ein Mittel sein, den Dialog zwischen den Glaubensgemeinschaften, aber auch anderen gesellschaftlichen Kräften zu strukturieren. Sie muss nun schnell ins Leben gerufen werden und alle Beteiligten müssen darauf achten, dass die Betroffenen wirklich zu Wort kommen und diese Konferenz kein politisches “Alibi” wird. Doch darf man Roland Ries glauben, wenn er sagt, dass diese “Bürgerkonferenz” außerhalb aller parteipolitischen Überlegungen zusammen kommen soll – denn das Thema, um das es geht, bietet keinerlei Platz für eine etwaige Profilierung von Politikern.

Während die einen also munter weiter Öl ins Feuer gießen und versuchen, ihr Verständnis von Glauben und Humor mit Gewalt zu vermitteln, stehen die anderen da und reichen sich gegenseitig die Hand. Wobei man trotz allem nicht vergessen darf, dass sich auch christliche Fundamentalisten Jahrhunderte lang dadurch hervorgetan haben, dass sie der Welt mit dem Schwert in der Hand das Wort ihres Gottes aufzwingen wollten. Im Übrigen auch auf der ganzen Welt – doch die Zeit der Kreuzfahrer ist vorbei. Das wurde auch in der Straßburger Synagoge bei dieser bewegenden Zeremonie der Gemeinsamkeit deutlich.

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