Zwei Arten zu Feiern…

Während man in Paris den 60. Jahrestag des Elysee-Vertrags mit Prunk und leeren Slogans feierte, fand zwischen Kehl und Strasbourg eine nette und ehrliche Zeremonie statt.

Unaufgeregt, freundlich und ehrlich - zwischen Strasbourg und Kehl wurde die deutsch-französische Freundschaft gefeiert. Foto: Eurojournalist(e) / CC-BY 2.0

(KL) – Präsident Macron und Bundeskanzler Scholz überschlugen sich zur Feier des 60. Jahrestags des Elysee-Vertrags am 22. Januar in Paris mit deutsch-französischen Nettigkeiten, sie bemühten Superlative und redeten einmal mehr von „Zeitenwende“. Der im Oktober 2022 wegen schlechter Atmosphäre abgesagte deutsch-französische Ministerrat wurde nun schnell in Paris nachgeholt (nur Arbeitsminister Hubertus Heil konnte die Reise nach Paris nicht antreten) und es wurde genau die geheuchelte Veranstaltung in Paris, die man befürchten musste. Doch gleichzeitig fand auf der Tram-Brücke „Beatus Rhenanus“ zwischen Kehl und Strasbourg eine kleine, ehrliche und erfreuliche Begegnung vieler Persönlichkeiten vom Oberrhein statt, deren kurze Ansprachen sehr ehrlich klangen. So ganz anders als in Paris.

Es war kalt, ein paar Schneeflocken tanzten über dem Rhein und bei dieser kurzen Veranstaltung, bei der sich niemand versuchte in den Vordergrund zu spielen, erklärten die anwesenden Politiker und Politikerinnen unisono ihr Engagement für die deutsch-französische Freundschaft. Und in der Tat, nach einigen Jahren in ihren jeweiligen Ämtern, kennen sich viele der politischen Akteure der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit auch persönlich gut und man spürt, dass am Oberrhein die deutsch-französische Freundschaft mehr als ein Slogan ist.

In ihren Ansprachen unterstrichen Jeanne Barseghian, Bürgermeisterin von Strasbourg, Wolfram Britz, Bürgermeister von Kehl, Josianne Chevalier, Präfektin des Elsass und der Region Grand Est, Frank Scherer, Landrat der Ortenau, Bärbel Schäfer, Regierungspräsidentin aus Freiburg und Frédéric Bierry, Präsident der Collectivité européenne d’Alsace (CeA) nicht nur ihr Engagement für die deutsch-französische Zusammenarbeit, die in der Region ein unverzichtbares Zukunfts-Element ist, sondern sie fanden zum Teil auch durchaus kritische Töne. So mahnten mehrere der Redner und Rednerinnen die Nutzung des Aachener Vertrags an, der als Erweiterung des Elysee-Vertrags zahlreiche Möglichkeiten zur Intensivierung der Zusammenarbeit bietet, bisher aber noch überhaupt nicht zur Anwendung kam.

Dass die Zusammenarbeit am Oberrhein auch eine europäische Bedeutung hat, zeigte die Anwesenheit der Europaabgeordneten Anne Sander und Fabienne Keller, dass diese Zusammenarbeit lokal sehr gut funktioniert, erkannte man an der Präsenz mehrerer lokaler Amtsträger wie dem Straßburger Jean-Philippe Maurer oder auch der deutschen Botschafterin am Europarat, Generalkonsulin Jutta Gisela Frasch.

Dass auf lokaler Ebene ein echter Wille zur Zusammenarbeit besteht, daran kann kein Zweifel bestehen. Frédéric Bierry berichtete von 1200 deutsch-französischen Projekten, die im „grenzüberschreitenden Schema“ aufgelistet sind, doch hörte man zwischen den Zeilen nicht nur gedankenlosen Jubel wie in Paris, sondern den Wunsch und die Selbstverpflichtung, mehr zu tun.

So wäre es ein guter Schritt, würden die deutsch-französischen Eurodistrikte in ihren Gremien endlich zwei oder drei Beobachtersitze für die Zivilgesellschaft schaffen, was eine wichtige Geste wäre, um den Brückenschlag zwischen Politik, Verwaltung und Bevölkerung zu schaffen.

60 Jahre Elysee-Vertrag und bei allen Unzulänglichkeiten muss man festhalten, dass wir sehr weit gekommen sind. Wie passend – während der kurzen Ansprachen fuhr im Hintergrund die Tram Strasbourg-Kehl vorbei. Ohne den Elysee-Vertrag hätte es diese Tram gar nicht gegeben, hätten wir noch eine Grenze zwischen Strasbourg und Kehl und diese unglaublichen Fortschritte sollten auch gewürdigt werden. Bevor dann hoffentlich alle wieder den Turbo einschalten und diese Zusammenarbeit und Freundschaft mit noch mehr Leben füllen.

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.

*



Copyright © Eurojournaliste