Zweierpasch kämpft für Mehrsprachigkeit

In einem Schreiben an Emmanuel Macron und Bildungsminister Jean-Michel Blanquer fordern die Träger des Adenauer-de Gaulle-Preises mehr Engagement für den Sprachunterricht. Sie wissen, warum…

2018 rappten die Neumann-Zwillinge bei der Verleihung des Adenauer-de Gaulle-Preise an sie für mehr Mehrsprachigkeit... Foto: Stefanie Ringshofer / Zweierpasch

(KL) – Die Zwillinge Felix und Till Neumann, Frontmänner der deutsch-französischen HipHopper „Zweierpasch“, setzen sie sich seit Jahren kreativ für die deutsch-französischen Beziehungen ein. Ob bei ihren zahllosen Workshops, Konzerte und musikalischen Expeditionen rund um die Welt, überall sind sie Botschafter einer klaren Ansage: Lernt und lehrt Sprachen! „Wir merken in unserer Arbeit deutlich, dass an vielen Schulen gegen das schwindende Interesse an der Sprache unserer Nachbarn gekämpft wird“, sagt Till Neumann. Und er ist überzeugt – das ist kein unlösbares Problem: „Bei unseren zweisprachigen Konzerten und HipHop-Workshops sehen wir immer wieder, wie das Feuer brennt für Deutsch oder Französisch, wenn man tiefer eintaucht und Spaß daran hat.“ Und genau deshalb haben die beiden einen Brief an den französischen Präsidenten Emmanuel Macron und dessen Bildungsminister Jean-Michel Blanquer geschickt, in dem sie fordern, dass man sich stärker in der Sprachausbildung engagiert. Der entsprechende Tweet wird gerade viral und darf herzlich gerne geteilt werden

Was tun gegen das sinkende Interesse an Deutsch und Französisch auf beiden Rheinseiten? Gleich zwei Initiativen machen sich dafür parallel stark in Deutschland und Frankreich. Die World-HipHop-Band „Zweierpasch“ unterstützt diese – nicht nur mit eigenen Songs. Die Zwillinge und Rap-Poeten Till und Felix Neumann sagen: Wer den Mehrwert von Mehrsprachigkeit nicht erkennt, lebt auf einem anderen Planeten. Wie könnte Eurojournalist(e) dieser Aussage widersprechen?…

„Pour la diversité des langues“ heißt eine Petition, die derzeit die Runde macht. Adressiert an Emmanuel Macron, Präsident der Republik Frankreich und Jean-Michel Blanquer, den französischen Bildungsminister. Die Initiator.innen kämpfen dafür, dass der Deutschunterricht an französischen Schulen intensiver gefördert wird. Denn, so die Aktivist.innen: Weniger als fünf Prozent der Schüler.innen in Frankreich lernen noch Deutsch. In manchen ländlichen Gegenden sei es sogar unmöglich geworden, Deutsch als Fach in der Schule zu wählen.

Die Petition erinnert Präsident Macron daran, was er am 22. Januar 2019 bei Unterzeichnung des zweiten Elysée-Vertrags 2.0 in Aachen -in Anwesenheit von Zweierpasch- versprochen hatte. Dort bestätigte er die entscheidende Bedeutung der deutsch-französischen Beziehungen in Sachen Bildung und Jugend mit der Absicht, neue Wege zu beschreiten („le rôle décisif de l’éducation et de la jeunesse dans la relation franco-allemande et ouvre de nouvelles perspectives“).

Felix und Till Neumann arbeiten Jahr für Jahr mit mehreren tausend Schüler.innen in beiden Sprachen. Dafür haben sie ihre eigene Schule gegründet: Mit der „Ecole du Flow“ eröffnen sie seit 2018 jährlich 1000 jungen Menschen die Möglichkeit, zweisprachig kreativ zu werden. „Wer an der Begeisterung für Fremdsprachen bei jungen Menschen aus Deutschland und Frankreich zweifelt, ist herzlich zum Finale der ‚Ecole du Flow‘ eingeladen“, sagt Felix Neumann. „Das nächste steigt im Frühjahr 2022 in Besançon.“ Nachwuchskünstler.innen werden dann beim mittlerweile größten deutsch-französischen HipHop-Wettbewerb eigene Songs auf zwei Sprachen performen.

Auch in Deutschland gibt es Bewegung für die Förderung des Fremdsprachenunterrichts. So hat die Klett Akademie für Fremdsprachendidaktik – Sektion Französisch ein Positionspapier lanciert mit dem Titel „Für eine Stärkung der 2. und 3. Fremdsprachen“. Der Grund: „In Deutschland lernt gut ein Drittel (34,5 %) der Schüler.innen zwei Fremdsprachen, das heißt Englisch und eine andere Fremdsprache.“ Damit liege Deutschland weit unter dem EU-Durchschnitt von 58,8 %, so die Klett Akademie. Sie stellt einen bitteren Trend fest: „In der gymnasialen Oberstufe sank der Anteil der Schülerinnen und Schüler, die eine andere Fremdsprache als Englisch lernen, in den letzten zehn Jahren um mehr als 8 %.“ Dabei gebe es eine Vielzahl an Vorteilen von Mehrsprachigkeit. Unter anderem, dass „Bewerber.innen, die nicht nur Englisch beherrschen, in vielen Berufen bessere Chancen haben“. Eine Forderung der Initiative ist, dass die 2. Fremdsprache spätestens in Klasse 6 mit mindestens vier Wochenstunden unterrichtet wird.

Und wer noch Fragen hat, wie sehr Mehrsprachigkeit die Kreativität junger Menschen befeuert, der sollte sich das aktuelle Album von „Zweierpasch“ anhören – „Un peu d’Amour“ mit Songs wie „Lichter“ oder „Fessengau“ zeigt, wie kreativ und kunstvoll Sprachen verfließen und Grenzen überwunden werden. Mit „Grenzgänger-Frontalier“, dem Song, der zu einer Art inoffizieller Hymne des Eurodistrikt Strasbourg-Ortenau geworden ist, haben die beiden mit ihrer Band schon vor Jahren klargestellt, wohin die Reise geht: Grenzenlos über Grenzen. Und auf die Unterstützung der einzigen mehrsprachigen Online-Tageszeitung am Oberrhein können die Neumann-Zwillinge ohnehin bauen…

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