Zweisprachigkeit – das Elsass geht in die Offensive

Das Timing mag verwundern, doch das Elsass und seine beiden Departements haben eine Offensive für die Zweisprachigkeit eingeläutet. Auf deutscher Seite sollte man nachziehen.

Philippe Richert hat eine neue Offensive für die Zweisprachigkeit im Elsass gestartet. Foto: © Kai Littmann

(KL) – Die Symbolik war klar – als der Präsident der Region Elsass Philippe Richert und die beiden Präsidenten der Generalräte der Departements Haut-Rhin und Bas-Rhin die „Europäische Charta für regionale und Minderheitensprachen“ unterzeichneten, hatte dies keinerlei rechtlichen Wert – war aber trotzdem wichtig. Denn gleichzeitig wurde eine Sprachoffensive gestartet, wie sie das Elsass noch nicht gesehen hat. Ob das wohl mit der geplanten Zusammenlegung mit Lothringen zu tun hat?

Egal, welche Gründe die Regionalpolitik dazu veranlasst haben, das Richtige zu tun – sie haben es getan. Bis 2030 sollen 25 % der elsässischen Schüler in der Grundschule einen paritätischen Unterricht auf Deutsch und Französisch erhalten und somit zweisprachig aufwachsen. Dazu sind weitere Maßnahmen geplant, wie ein Rheinisches Kulturzentrum (natürlich zweisprachig), eine neue Koordinationsstelle für diese zweisprachigen Aktivitäten sowie ein weiterer deutsch-französischer Schulzug neben dem deutsch-französischen Abibac, das ebenfalls weiter ausgebaut werden soll.

Im Rahmen der „Konferenz zur regionalen Sprache und Kultur“ fand dann auch Jean-Marie Woehrling, der Präsident des Kulturvereins „Culture et Bilinguisme“, die richtige Bezeichnung für die deutsche Sprache im Elsass – er nannte sie „das Deutsch des Elsass“. Mit dieser Bezeichnung sollten alle leben können.

Mit dieser neuen Initiative für die Zweisprachigkeit öffnen sich die Tore des Ausbildungs- und Arbeitsmarkts am Oberrhein. Allerdings wäre jetzt auch der richtige Zeitpunkt, dass sich auch die deutschen Partner am Oberrhein auf eine solche, breit angelegte Initiative zur Förderung der Zweisprachigkeit einlassen. Denn Austausch funktioniert nur gut, wenn er in beide Richtungen geht.

Die neuen Pläne passen gut in den Zeitrahmen, den Dr. Joachim Beck (damals Euro-Institut) und Alexis Lehmann (FEFA) in ihrer Studie „Zweisprachigkeit und Arbeitsmarkt“ vor zwei Jahren aufgestellt hatten. In ihrer Studie wiesen die beiden Experten nach, dass ohne solche Maßnahmen im Bereich der Sprachkompetenz bis 2050 in der Region bis zu 50.000 Arbeitsplätze verloren gehen können. Durch das neue Programm könnte diese Gefahr gebannt werden, allerdings nur, wenn zwei weitere Schritte erfolgen: A) das gleiche Engagement auf deutscher Seite und B) das Engagement weiterer Akteure am Oberrhein – Arbeitsagenturen, IHKs etc. und natürlich der Zivilgesellschaft.

Wenn diese angekündigten Dinge nun ernsthaft umgesetzt werden, und alles deutet darauf hin, dass dies auch geschehen wird, hat die Region am Oberrhein echte Chancen, sich nachhaltig als europäische Pilotregion zu etablieren. Da dies allen zugute kommt, sollten sich auch alle dafür einsetzen.

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