Zweisprachigkeit – das Elsass schaltet den Turbo ein!

Zum neuen Schuljahr öffnen im Elsass 63 neue zweisprachige Klassen oder Züge.

Schon die nächste Schülergeneration am Oberrhein wird diese ganzen Wörterbücher nicht mehr brauchen. Hoffentlich. Foto: Holger Ellgaard / Wikimedia Commons

(KL) – Es gibt Nachrichten, die man einfach gerne hört. Diese hier gehört zweifellos dazu. Zum Start des neuen Schuljahrs im Elsass im September 2014 öffnen zahlreiche neue, zweisprachige Schulklassen in allen Altersstufen, sowie neue Schulzüge. In diesen Klassen und Zügen wird, was sehr wichtig ist, ein „paritätischer“ Unterricht angeboten, also Unterricht in beiden Sprachen mit der gleichen Stundenanzahl. Nur in diesem Format wird aus einer Fremdsprache eine zweite Muttersprache.

Das Bohren dicker Bretter scheint sich doch zu lohnen. Seit Jahrzehnten kämpfen Elternvereine, andere Vereine, Initiativen und verschiedene Lokalpolitiker für einen besseren Sprachunterricht am Oberrhein. Schon vor Jahren forderte der damalige Landrat der Ortenau Klaus Brodbeck, dass „bis 2020 alle Schüler am Oberrhein zweisprachig ausgebildet werden müssen“. Was damals noch wie eine Utopie klang, kann und sollte eine Realität werden, wobei die deutschen Schulämter darauf achten müssen, dass diese Entwicklung nicht an Baden vorbeizieht. Denn Zweisprachigkeit bedeutet nicht, dass einer von zwei Nachbarn die Sprache des anderen lernt, sondern vielmehr, dass alle die jeweils andere Sprache erlernen.

Der Schwerpunkt liegt eindeutig auf den Klassen für die jüngsten Schüler und das ist natürlich richtig so. So wird es auch vier neue zweisprachige Vorschulen geben, acht neue Klassen oder Züge in Vorschulen, 20 neue zweisprachige Klassen oder Züge im ersten Schulzyklus und zwei neue Mittelschulen („collège“) – alleine im Departement Bas-Rhin. Im Haut-Rhin kommen dazu: Vier neue Vorschulen mit fünf zweisprachigen Klassen oder Zügen, 12 neue zweisprachige Klassen oder Züge in bestehenden Vorschulen und 22 neue zweisprachige Klassen oder Züge im ersten Schulzyklus. Auch hier eröffnet zum neuen Schuljahr eine neue zweisprachige Mittelschule.

Dies ist der Auftakt zu einer massiven Bildungsoffensive im Elsass. Das Erlernen einer zweiten Muttersprache ist für die Kinder ein riesiges Plus. Seit Jahren ist nachgewiesen, dass das frühkindliche Erlernen einer „zweiten Muttersprache“ den Kindern das Erlernen weiterer Sprachen enorm erleichtert. Dazu kommen die Fortschritte, die seit letztem Jahr im Bereich der grenzüberschreitenden Berufsausbildung gemacht wurden (Abkommen von St. Louis) – die Region hat sich offensichtlich auf den Weg in eine gemeinsame Zukunft gemacht.

Wenn die aktuelle Entwicklung anhält, ist absehbar, dass ein flächendeckendes, zweisprachiges Bildungsangebot von der Vorschule bis zur Erwachsenenbildung Wirklichkeit werden kann. Für die gesamte Oberrhein-Region und natürlich auch die Region Moselle-Saarland-Rheinland-Pfalz, ganz speziell aber für das Saarland mit seiner Initiative zur Zweisprachigkeit, entspricht diese Vision einer sprachlichen Integration der Region dem politischen Willen und Engagement der Akteure. Dass eine solche sprachliche Integration die Grundlage für viele, viele weitere Entwicklungen ist, erscheint logisch.

Ausbildung, Arbeitsmarkt, Austausch in anderen Bereichen – in allen Bereichen kann man mehr erreichen, wenn eine solide gemeinsame Grundlage gegeben ist. Mit solchen Initiativen wird der ganze Oberrhein gestärkt und für die Zukunft aufgestellt.

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