Antisemitismus an der Universität Straßburg

Das Institut der Politikwissenschaften der Universität Straßburg hat dem Druck extremistischer Studenten nachgegeben und seine Kooperation mit einer israelischen Universität suspendiert.

Antisemitismus muss man bekämpfen und nicht vor ihm einknicken wie die Universität Strasbourg. Foto: Elke Wetzig / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 4.0int

(KL) – Es gab eine Zeit, da war Straßburg das Herz des Rheinischen Humanismus. Es gab sogar eine kurze Phase, während der die Straßburger Kathedrale gleichzeitig von Katholiken, Protestanten und Juden genutzt wurde. Doch was vor Jahrhunderten möglich war, ist heute nicht mehr möglich. Der Druck antisemitischer Studenten hat ausgereicht, dass das Institut für Politikwissenschaften der Universität Straßburg seine Partnerschaft mit der Universität Reichman in Herzliya nördlich von Tel Aviv „suspendiert“. Dass sich eine Universität wie die altehrwürdige Straßburger Universität von Extremisten zu solchen Handlungen hinreissen lässt, ist mehr als bedenklich.

Die pro-Palästina-Demonstrationen reißen auch in Straßburg nicht mehr ab und vermischen dabei Solidarität mit der palästinensischen Bevölkerung, mit der Hamas und der Hisbollah – und somit werden die vermeintlich progressiven Woke-Studenten zu aggressiven Antisemiten. Die Universität Straßburg hätte sich gegen diesen Extremismus wehren müssen, statt ihm nachzugeben.

Unter diesem Einfrieren einer Partnerschaft mit einem bislang regen studentischen Austausch leiden natürlich in erster Linie alle nicht-extremistischen Studenten, aber auch das Image der Universität Straßburg und der ganzen Stadt. Die Europahauptstadt als Hauptstadt des Antisemitismus, das ist häßlich, die Fratze der Geschichtsleugnung.

Die Politik Israels wird nicht in den israelischen Universitäten gemacht – dort studieren junge Menschen, die Generation, die morgen das Schicksal unserer Länder zu managen haben wird. Statt hier alle Israelis in einen Topf zu werfen und mit einer Art „Sippenhaft“ den akademischen Betrieb der Terror-Apologie extremistischer Studenten zu opfern, wäre es sogar der richtige Moment gewesen, diesen akademischen Austausch zu stärken.

Was kommt als nächstes? Werden die woken Studenten demnächst Bücherverbrennungen auf den Plätzen der Stadt organisieren? Wird es zu weiteren Angriffen auf jüdische Studenten kommen? Werden die extremistischen Studenten bald die Einrichtung von Lagern fordern, in denen man jüdische Kommilitonen und Andersdenkende „konzentrieren“ kann?

Es ist alles schon einmal dagewesen und die Universität Straßburg hätte es besser wissen müssen. Mit dieser Aktion wird weder die verbrecherische Politik Nethanjahus beendet, noch das Sterben in Gaza und, man muss sich ja schon fast entschuldigen das zu erwähnen, sie wird auch nicht dazu führen, dass die von barbarischen Terroristen entführten, gefolterten und vergewaltigten Geiseln freikommen.

Das Institut für Politikwissenschaften der Universität Straßburg, bislang nach Paris als zweitbeste Schule für Politikwissenschaften in Frankreich betrachtet, wird lange brauchen, diesen Imageschaden vergessen zu machen. Es zirkulieren jetzt bereits erste Aufrufe an Unternehmer und Organisationen, keine Anfragen für Praktikumsplätze oder erste Jobs von Studenten dieses Instituts mehr anzunehmen und diese Aufrufe werden sich mehren.

Es kann nicht sein, dass eine Handvoll antisemitischer Studenten einer ganzen Universität ein antisemitisches Handeln diktiert und dass die Universitätsleitung davor einknickt. Vielleicht sollte man sich in der Universität daran erinnern, dass Antisemitismus nicht etwa eine „Meinung“ ist, sondern ein Vergehen. Und vielleicht sollten sowohl die Studenten als auch die Universitätsleitung noch einmal bei ihren Geschichtsprofessoren nachfragen, wie sich der Antisemitismus im letzten Jahrhundert in Deutschland entwickelt und wohin er geführt hatte.

Dieser Anschlag auf die akademische Freiheit durch antisemitische Studenten ist widerlich – genauso wie die Reaktion der Universitätsleitung. Dass alle zusammen damit die Apologie des Terrorismus betreiben, scheint ihnen überhaupt nicht klar zu sein. Für „Wehret den Anfängen!“ ist es tatsächlich schon viel zu spät.

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