Die Maus, die brüllte…

… ist heute die SPD, die auf ihrem Parteitag einstimmig ein Verbotsverfahren für die AfD forderte. Wohl in der Hoffnung, dass bisherige AfD-Wähler das Fähnlein der letzten SPD-Wähler auffüllen.

Lars Klingbeil, alter und neuer SPD-Chef, begibt sich mit einem AfD-Verbotsantrag auf dünnes Eis... Foto: Sandro Halank / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 4.0int

(KL) – Die von Parteichef Lars Klingbeil angekündigte „neue SPD“ wird wohl doch die „alte SPD“ bleiben, eine überholte Partei, die gemeinsam mit der CDU in etlichen Punkten bereits heute AfD-kompatible Politik führt, während sie Druck macht, dass die AfD verboten wird. Auf die Idee, selbst eine „gute“ Politik zu machen und damit die Wähler zu überzeugen, dass es keinen Sinn macht, die Rechtsextremen zu wählen, möchte man das Problem AfD lieber durch ein Verbotsverfahren lösen. Aber das könnte ein administrativer Marathon werden – Ende offen.

Die SPD erinnert heute ein wenig an den wunderbaren Peter Sellers-Film „Die Maus, die brüllte“ – denn während Lars Klingbeil versucht, auf den Putz zu hauen, möchte man vergessen machen, dass die Partei gerade erst das historisch schlechteste Ergebnis seit den 19. Jahrhundert eingefahren hat. Deutlich hinter der AfD liegend ist zwar nachvollziehbar, dass man gerne einen politischen Mitbewerber kaltstellen möchte, doch ist die Hoffnung trügerisch, dass ein solches Verfahren der SPD Stimmen bringen könnte. Ein solches Verfahren könnte sich auch als Eigentor herausstellen.

Ein Antrag auf Feststellung der Verfassungswidrigkeit der AfD kann nur vom Bundestag, vom Bundesrat oder von der Bundesregierung gestellt werden, nicht aber von einer einzelnen Partei. Und hier beginnen bereits die Fettnäpfchen für die SPD, die sie voraussichtlich alle treffen wird. Denn die Koalitionspartner von CDU/CSU wollen sich nicht in das Abenteuer eines solchen Verfahrens stürzen, zumal völlig offen ist, wie das Bundesverfassungsgericht auf einen solchen Antrag reagieren wird. Sollte es die SPD schaffen, die Koalitionspartner oder den Bundesrat für ein solches Verfahren zu begeistern, wäre eine Ablehnung des Antrags durch das Bundesverfassungsgericht ein politischer Gesichtsverlust für die SPD.

Die Argumentation der SPD für den einstimmig angenommenen Antrag für ein solches Verbotsverfahren steht auf wackeligen Füssen. „Faschismus kann man nicht entzaubern“, hieß es beim Parteitag, „man muss ihn bekämpfen, wo man kann“. Das ist zwar nicht falsch, aber darauf, dass die beste Art, den Faschismus zu bekämpfen eine gute, an den Menschen orientierte Politik ist, auf den Gedanken kommt die SPD schon gar nicht mehr.

Heute ist die SPD eine völlig überschätzte „Maus, die brüllte“. Sie ist ein Beispiel dafür, dass die repräsentative Demokratie nicht mehr funktioniert, denn die Machtfülle einer Partei, die bei 15/16 % der Stimmen dümpelt, entspricht nicht ihrem Gewicht in der Bundespolitik. In dieser Situation AfD-kompatible Politik zu betreiben, wie in der Frage des Stopps des Familienachzugs für Flüchtlinge, gleichzeitig aber die Partei verbieten zu wollen, deren Inhalte man teilweise umsetzt, riecht nach einem politischen Manöver, das nicht sonderlich demokratisch ist.

Dabei ist sich die SPD noch nicht einmal intern einig – das schlechte Ergebnis von Lars Klingbeil bei seiner Wiederwahl zum Parteivorsitzenden spricht Bände. Statt ein Verbotsverfahren für die AfD zu betreiben, das in fine der AfD eher nützen als schaden wird, sollte sich die SPD auf ihre Wurzeln besinnen und endlich wieder versuchen, „linke“, soziale Politik zu betreiben. Aber davon ist die SPD unter Lars Klingbeil Lichtjahre entfernt.

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