Eifersucht sucht Opfer – „Otello“ wird fündig in der Rheinoper

Gleich mit einem Opernkracher beginnt die Saison der elsässischen Rheinoper. Othello, der seltsame Held aus dem Bühnenstück von William Shakespeare, kann mit der Musik von Giuseppe Verdi seinen selbstzerstörerischen Gefühlen erst so richtig Lauf lassen.

So böse gucken kann nicht jeder - Othello, der General und eifersüchtige Liebhaber - aber versteckt hinter dem eisernen Blick nur seine tief sitzende Unsicherheit, die vor dem entsprechenden Fall kommt. Foto: Illustration von Sébastien Plassard - OnR Straßburg

(Michael Magercord) – Machialvelli war der erste Soziologe. Er hat die Funktionsweise der menschlichen Gesellschaft durchleuchtet und die Mechanismen der Herrschaft aufs Feinste herausgearbeitet. Zu den Instrumenten der Beherrschung gehört die gelungene Manipulation: Bring deinen Gegner dazu, freiwillig das zu tun, was ihn selbst zu Fall bringen wird. Und weil diese Vorgehensweise so theatralisch anmutet, hat kein Geringerer als William Shakespeare das passende Theaterstück dazu geschrieben: Othello, welches kein Geringerer als Giuseppe Verdi in eine Oper formte: Otello.

Um es kurz zu machen: Ein schmieriger Typ namens Jago bringt mit gekonnt gestreuten Halbwahrheiten den feurigen General Otello dazu, einen Mord an seiner geliebten Frau zu begehen, um sich anschließend selbst zu richten. Das Mittel war die Eifersucht, welche mit der Liebe für seine Herzensdame Desdemona unmittelbar einherging. Da genügen einige hinterlistig gestreute Gerüchte und Hinweise auf mögliche Verstrickungen, um sich in einem angespannten Geist zu giftigen Verschwörungstheorien zu steigern. Und dann ist es bereits zu spät, der theatralische Höhepunkt erscheint von da an unausweichlich zu sein.

Eigentlich hatte sich der damals schon greise Komponist, der diese Geschichte aus dem Alltag der Politik schließlich vertonen wird, schon zur Ruhe gesetzt und sich – altersgerecht – der religiösen Musik zugewandt. Aber von einem durch und durch machiavellistischen Verleger bedrängt und von Eifersucht getrieben, stimmte der Rentner zu, doch noch eine ganz große Oper zu komponieren. Das Mittel des Verlegers war der Ruhm des Ausgangsstoffes, denn als größter Opernkomponist seiner Zeit wollte sich Giuseppe Verdi mit dem größten Bühnenautor aller Zeiten messen: William Shakespeare. Es wäre doch gelacht, wenn das Theaterstück mit den Mitteln der Musik nicht eine gefühlsmäßige Steigerung erfahren könnte.

Und dann kam dazu die Eifersucht: Im ewigen Wettstreit mit dem anderen Komponisten, der gleichzeitig um den Titel des größten Komponisten seiner Zeit rang, musste Verdi seinen Hut noch einmal im wahrsten Sinne des Wortes in den Ring werfen: Diesem Richard Wagner, dem teutonischen Mysterienhero, galt es noch einmal zu zeigen, was die wahre Opernkunst ist, nämlich große, ausholende Arien und wallende Chöre, die ohne Umwege über hochgeistigen Tiefsinn das Mark erschüttern und die Seele rühren.

Nach nahezu vierjähriger Arbeit an der Partitur durfte der Verleger öffentlich Vollzug melden und die neue Oper des Giuseppe Verdi dem Publikum darbieten. Auf der Bühne der Mailänder Scala wurde ihre Uraufführung 1887 zum Triumph, und wenn man so will, ein Triumph der Hinterlist und Eifersucht.

All das dürfen wir in der Rheinoper zu Straßburg noch einmal im angemessenen Ambiente erleben, in einem Opernhaus „à l’italienne“, das uns ja nur noch bis 2028 erhalten bleiben soll. Regie führt Ted Huffman, der im Elsass bereits die Kammeroper „4.48 Psychosis“ und die großangelegte Inszenierung von Franz Schrekers „Die Vögel“ in einer höchst konzentrierten Bildersprache besorgt hatte, die uns nun in ihrer Schnörkellosigkeit schon in die Zeit danach verweisen mag.

Otello
Oper in vier Akten von Giuseppe Verdi aus dem Jahr 1887
Neuproduktion der OnR in Kooperation mit der Oper Lothringen und dem Stadttheater von Luxemburg

Dirigent: Speranza Scappucci
Regie: Ted Huffman
Musik: Philharmonie Strasbourg OPS und Opernchöre Straßburg und Nancy


Opéra Straßburg

MI 29. Oktober, 20 Uhr
FR 31. Oktober, 20 Uhr
MO 3. November, 20 Uhr
DO 6. November, 29 Uhr
SO 9. November, 15 Uhr

La Filature – Mülhausen

SO 16. November, 15 Uhr
DI 18. November, 20 Uhr

Tickets und Information gibt’s HIER! 

Weitere Veranstaltungen der Rheinoper:

The Fantastics

Musikalische Komödie aus New York für große und kleinere Kinder ab 8 Jahren von Tom Jones und Harvey Schmidt
Aufführung in Colmar, Mülhausen und Straßburg ab 4. November bis 5. Dezember

Tickets und Information gibt’s HIER!


Rezital
Liederzyklus „Die schöne Magelone“ von Johannes Brahms
Christian Immler – Bariton, Julie Depardieu – Erzählerin, Helmut Deutsch – Klavier

Oper Straßburg, FR 7. November, 20 Uhr

Infos und Tickets gibt es HIER! 

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