Georgien – der nächste Konfliktherd

Nach den Wahlen in Georgien rufen sich pro-russische und pro-westliche Parteien als Sieger aus. Dazu wird allerorten der Ablauf dieser Wahl kritisiert.

Seit gestern Nachmittag protestieren Tausende Georgier auf dem Platz vor dem Parlament in Tifilis gegen den Wahlbetrug. Foto: Unrecognizablepineapple / Wikimedia Commons / CC0 1.0

(KL) – Für den EU-Beitrittskandidaten Georgien sind die Wahlen vom Wochenende eine Katastrophe, die sich schnell zu einem größeren Konflikt ausdehnen könnte. Laut „offiziellem Ergebnis“ hat die pro-russische Regierungspartei „Georgischer Traum“ die Wahlen mit 54 % der Stimmen gewonnen, doch sowohl Präsidentin Salome Surabischwili, die Opposition und westliche Wahlbeobachter erkennen dieses Ergebnis nicht an, da es zu massiven Wahlfälschungen und Einschüchterungen der Wählerinnen und Wähler gekommen sein soll. Zahlreiche Beobachter schätzen das wirkliche Ergebnis des „Georgischen Traums“ eher auf rund 40 %. Salome Surabischwili nennt den Ablauf dieser Wahl sogar eine „russische Spezialoperation“ und spricht von einem „hybriden Krieg“ gegen das georgische Volk.

Wahlen werden überall immer mehr zur Farce und die Ergebnisse von Wahlen spielen kaum noch eine Rolle. „Ergebnisse“ werden von Machthabern beliebig gefälscht oder einfach ignoriert, wie viele Beispiele aus der jüngsten Vergangenheit zeigen. Dass es nun in der georgischen Hauptstadt Tifilis seit gestern Nachmittag zu mächtigen Demonstrationen kommt, könnte das Vorspiel zu einer dramatischeren Auseinandersetzung werden, denn das offensichtlich von Russland manipulierte „Ergebnis“ könnte den Weg Georgiens in Richtung EU stoppen. Und das liegt natürlich im Interesse Russlands, wo Wladimir Putin immer noch von einer „Sowjetunion 2.0“ träumt.

Der Wahlbeobachter der OSZE, Antonio Lopez-Istruiz White, erklärte dass der „Georgische Traum“ die russische „Desinformation“ gefördert habe, mit dem Ziel, die Wahlen zu untergraben und zu manipulieren. Und offensichtlich hat das funktioniert.

Nur, was macht Georgien jetzt? Die Präsidentin Salome Surabischwili erkennt das „Wahlergebnis“ nicht an und die Positionen in dem zwischen Ost und West zerrissenen Land sind nicht miteinander vereinbar, was ein wenig an die Situation in Moldau erinnert, wo auch erst vor wenigen Tagen gewählt wurde und das Ergebnis zwischen pro-westlichen und pro-russischen Kräften fast ausgeglichen ist.

Dass es in dieser Situation Viktor Orban, Regierungschef Ungarns und Russland-Freund, für nötig hält, dem „Georgischen Traum“ zum „Wahlsieg“ zu gratulieren und sich direkt auf den Weg nach Tifilis gemacht hat, kann die Situation auch nicht glätten, ganz im Gegenteil. Und wieder einmal stellt sich die Frage, was der Russland-Vasall Ungarn eigentlich in der EU zu suchen hat, da das Land unter Viktor Orban eindeutig in den Dunstkreis des Kremls und nicht nach Europa gehört.

Die Lage rund um Georgien und Moldau wird ebenso undurchsichtig wie die Lage in der Ukraine, wir erleben eine Propaganda-Schlacht von beiden Lagern und Lösungen für diese Staaten sind nicht in Sicht. Wird es am Ende doch zur ultimativen Konfrontation zwischen Ost und West kommen? Gewinner dürfte es bei einer solchen Entwicklung keine geben…

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