Thüringen – Demokratie pur
Seit gestern hat Deutschland die erste „Brombeer-Koalition“, bestehend aus CDU, SPD und BSW, mit Unterstützung der DIE Linke. Da mussten alle über viele Schatten springen.
Mario Voigt (CDU) hat gut lachen – er wurde im ersten Wahlgang zum neuen Ministerpräsidenten Thüringens gewählt. Foto: Steffen Prößdorf / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 4.0int
(KL) – Die „Brandmauer“ gegen die rechtsextreme AfD hat ausgerechnet in der AfD-Hochburg Thüringen gehalten. Damit das passieren konnte, mussten vier Parteien, die CDU, die SPD, das BSW und auch Die Linke, die sich ansonsten nicht sehr viel zu sagen haben, ihre Egos in der Aktentasche verstauen, um gemeinsam an einem Strang zu ziehen. Dass dies geglückt ist, ist ein „demokratisches Wunder“, zu dem man den Beteiligten nur gratulieren kann. Auch, wenn die kommende Mandatsperiode schwierig und lang werden wird.
Dass die bei der Landtagswahl stärkste Partei, die AfD, nicht an dieser Regierung beteiligt wird, ist der Ausdruck einer funktionierenden Demokratie. Denn die Mehrheit der Wählerinnen und Wähler, so unterschiedlich sie auch gestimmt haben, hat einen gemeinsamen Nenner und der lautet, dass Thüringen nicht das Bundesland sein will, das die erste AfD-Regierung in Deutschland hat. Den unsäglichen Björn Höcke in seiner Hochburg von der Macht entfernt zu halten, entspricht dem Wahlergebnis, weswegen jetzt das rechtsextreme Lager auch nicht von einem Skandal sprechen muss.
Bereits im ersten Wahlgang machten es die 88 Abgeordneten im Erfurter Landtag klar – obwohl die drei Parteien der „Brombeer-Koalition“ CDU, SPD und BSW nur über genau die Hälfte der 88 Sitze verfügen, erhielt Mario Voigt, der von den Koalitionären aufgestellte CDU-Kandidat, 51 Stimmen aus dem Parlament, was bedeutet, dass 7 Abgeordnete, die nicht zu dieser Koalition gehören, für Voigt gestimmt haben. Das ist durchaus bemerkenswert, denn viele Beobachter hatten ein knapperes Rennen vorausgesagt, zumal mindestens ein BSW-Abgeordneter angekündigt hatte, nicht für Voigt stimmen zu wollen. Da die Abstimmung geheim war, wird man nie erfahren, wer aus der Opposition für Voigt gestimmt hat, doch ist es insofern ein gutes Zeichen, da es offensichtlich möglich ist, auch als Minderheitsregierung (und das ist die „Brombeere“ mit ihren 44 Sitzen und einer Art Dauerpatt im Parlament) Mehrheiten zu finden und Entscheidungen für Thüringen zu treffen.
Natürlich wird man nun erst einmal schauen müssen, wie sich das BSW verhält, denn die Wagenknecht-Partei ist ein wenig die Wundertüte in der politischen Landschaft. So richtig kann niemand sagen, wofür das BSW steht, doch sind nun die Würfel gefallen und wie es sich in einer Demokratie gehört, bilden nun diejenigen Parteien eine Regierung, die hiermit von der Wählerschaft beauftragt wurden.
Gewiss, die Sondierungen und Verhandlungen haben lange gedauert, mehr als 10 Wochen. Doch am Ende siegte der Respekt vor der Demokratie und dem übergeordneten Gemeinwohl. Nach Brandenburg gestern, nun also auch Thüringen. Diese Ereignisse sind vor allem eines – ein Erfolg der Demokratie!
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