Wenn europäische Unternehmen ihre Werte verkaufen

Mit einem unglaublichen Schreiben an große Unternehmen in Frankreich, Deutschland und anderen Ländern haben die USA verlangt, dass diese Unternehmen ihre Programme für Diversität, Gleichberechtigung und Inklusion einstellen.

Man kann nur hoffen, dass die Kunden solcher Unternehmen entsprechend reagieren... Foto: Mike Mozart from Funny YouTube, USA / Wikimedia Commons / CC-BY 2.0

(KL) – Der Vorgang war unglaublich. Die amerikanischen Botschaften in Europa hatten im Namen ihres Präsidenten ein Schreiben an die Chefs der größten Unternehmen in Frankreich, Deutschland und anderen Ländern geschickt, in dem sie diese auffordern, ihre Programme für Diversität, Gleichberechtigung und Inklusion einzustellen, wenn sie weiterhin Geschäfte in den USA machen wollen. Hierfür gibt es weder eine Rechtsgrundlage, noch eine moralische Rechtfertigung. Das aber hält die ersten europäischen Unternehmen nicht davon ab, sich dem Trump’schen Diktat zu unterwerfen. Von ihren „Werten“ sollten diese Unternehmen allerdings künftig nicht mehr sprechen, denn diese „Werte“ sind offensichtlich nichts wert.

Dass Donald Trump sein Anti-Woke-Programm in Behörden und anderen staatlichen Einrichtungen durchsetzen kann, ist eine Sache und selbst zu diesem Thema wird es auch in den USA noch zahlreiche Prozesse geben, da das Trump’sche Dekret auf tönernen juristischen Füssen steht. Doch dass die neue US-Regierung über ihre diplomatischen Vertretungen nicht-amerikanische Unternehmen erpresst, auf diese politische Linie einzuschwenken, ist eine unglaubliche Einmischung in die Angelegenheiten anderer Länder. Noch unglaublicher ist, dass dieses Schreiben nicht einfach im Papierkorb gelandet ist, sondern dass sich nun bereits die ersten Unternehmen diesem politischen US-Programm unterwerfen.

So schrieb der Chef der amerikanischen Telekom-Tochter „T-Mobile“ einen gehorsamen Brief an die FCC, die Regulierungsbehörde für die Telekommunikation in den USA. In diesem Schreiben erklärt T-Mobile, dass es seine Programme für Diversität, Gleichberechtigung und Inklusion einstellen wird und auch schon zwei Beiräte zu diesen Themen aufgelöst habe. Und siehe da, angesichts dieses braven Verhaltens der Telekom-Tochter erhielt diese auch gleich die Genehmigung für die Übernahme des Kabelnetzbetreibers „Lumos“. Schleimige Unterwerfung unter den Trump’schen Neofaschismus zahlt sich also aus.

Nur – „T-Mobile“ ist, wie gesagt, ein Tochterunternehmen der Telekom und die hätte ihrer Tochter in den Arm fallen müssen. Denn dieser Vorgang bedeutet nichts anderes, als dass alle bestehenden Programme für Diversität, Gleichberechtigung und Inklusion der Telekom das Papier nicht wert sind, auf dem sie stehen.

Es ist unglaublich, in welchen Bereichen sich die neue US-Regierung weltweit einmischt und sich aufführt, als gehöre ihr die Welt. Statt diesen politischen Wahnsinn zu stoppen, biedert sich jetzt manches Unternehmen an, statt gemeinsam mit anderen Betroffenen scharfe Gegenmaßnahmen zu erdenken und umzusetzen. Ob die Telekom und ihre Tochter „T-Mobile“ am Ende auf ihrer eigenen Schleimspur ausrutschen werden, muss man abwarten. Und dazu muss man darauf hoffen, dass die amerikanischen Gerichte und die gerade in den USA umkippende Stimmung angesichts des Trump’schen Wahnsinns diesen noch aufhalten können. So oder so ist die Unterwerfung von Unternehmen, die diese US-Anweisungen brav umsetzen, eine moralische Bankrotterklärung, die hoffentlich von den Kunden dieser Unternehmen entsprechend abgestraft wird. Denn „Werte“ haben diese Unternehmen definitiv nicht.

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.

*



Copyright © Eurojournaliste