Politische Schokoladen-Hasen

Zu Ostern mögen Groß und Klein Schokoladen-Osterhasen. Doch in diesem Jahr wird der Einkauf der Leckerei zum politischen Akt. Schuld ist der Ukraine-Krieg.

Schokoladen-Osterhasen. Einige sind politisch korrekt, andere weniger. Die Qual der Wahl... Foto: Naturpuur / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 4.0int

(KL) – Früher war alles einfacher. Wenn Ostern war, dann kaufte und verschenkte und verzehrte man Schokoladen-Osterhasen und dabei war es ziemlich egal, wer der Hersteller war. Heute ist das nicht mehr so. Denn wie Ukraine-Aktivisten mitteilten (übrigens auch den betroffenen Handelsketten), stammen die lila Milka-Schokohasen, die immerhin einen Marktanteil von 19 % in diesem Segment haben und damit nur knapp hinter den goldenen Kollegen von Lindt (24 %) liegen, aus den Fabriken des Chicagoer Lebensmittel-Konzerns „Mondelez“, der einst die lila Marke übernahm und weiterhin auf dem russischen Markt präsent ist. Grund genug für die Ukraine-Aktivisten, zum Boykott der lila Produkte aufzurufen und den Handelsketten, die diese verkaufen, nahezulegen, diese aus dem Sortiment zu nehmen.

Doch die Schokoladen-Osterhasen sind nur die Spitze des Eisbergs und werfen eine Frage auf, welche die betroffenen Unternehmen nur ungern hören und auch nicht sonderlich gerne beantworten – wie viele deutsche Unternehmen sind eigentlich mehr als zwei Jahre nach Beginn des russischen Angriffskriegs weiterhin in Russland tätig? Zwar gibt es kein präzises Datenmateriaal, doch Experten wie die Außenhandelskammer schätzen die Zahl der deutschen Unternehmen, die sich NICHT aus Russland zurückgezogen haben, auf 60 bis 80 % derjenigen Unternehmen, die vor der Invasion in der Ukraine bereits auf dem russischen Markt waren.

Diese Frage betrifft nicht nur deutsche, sondern auch viele internationale Konzerne. So stammen die lila Schokohasen ja nicht mehr von einer deutschen Firma, sondern von einem amerikanischen Lebensmittelgiganten. Doch auf dem russischen Markt tummeln sich laut Handelsblatt auch weiterhin Firmen wie Ehrmann, Ritter Sport oder der Großhändler Metro, aber auch Hugo Boss oder Villeroy & Boch oder internationale Luxusmarken wie Dolce & Gabbana, Chanel oder Cartier. Und daran wird sich wohl auch nicht viel ändern, es sei denn, diese Marken werden irgendwann von der russischen Regierung enteignet, beispielsweise als Gegenmaßnahme für westliche Sanktionen gegen Russland. Der Satz „pecunia non olet“, Geld stinkt nicht, bewahrheitet sich einmal mehr.

Die weiterhin in Russland tätigen Firmen begründen dies inzwischen zumeist gar nicht mehr (die Begründung liegt ja auch auf der Hand – um maximale Umsätze zu erwirtschaften), doch ein paar Unternehmen haben sich auch eine Krisenkommunikation ausgedacht, die es in sich hat. So erklärte die Chemie-Gruppe Bayer gegenüber der FAZ, dass man „die ethische Verpflichtung habe, der Zivilbevölkerung keine wesentlichen Gesundheits- und Landwirtschaftsprodukte vorzuenthalten“, denn ansonsten würde dieser Krieg gegen die Ukraine nur weitere Menschenleben kosten. Bayer als Retter von Menschenleben. Da musste man erst einmal drauf kommen.

Doch wird es da kritisch, wo diese Unternehmen natürlich gleichzeitig auch zu den großen Steuerzahlern in Russland zählen und somit, ählich wie die westlichen Regierungen, weiterhin die Kriegskasse von Putin füllen. Dass pro-ukrainischen Aktivisten diese Heuchelei gegen den Strich geht, ist nachvollziehbar. Doch wer wird künftig mit einer Liste von hunderten deutschen Firmen zum Einkaufen in den Supermarkt gehen und bei jedem Produkt überprüfen, ob der jeweilige Hersteller weiterhin Geschäfte in Russland macht?

Was die Schokoladen-Osterhasen angeht, ist das schon einfacher. Denn der Marktführer für Schokoladen-Osterhasen, die Schweizer Firma „Lindt und Sprüngli“, hat bereits am 9. März 2022, also wenige Tage nach dem russischen Einmarsch in der Ukraine, seine Aktivitäten in Russland komplett eingestellt und im Februar 2023 ihre russische Tochtergesellschaft aufgelöst. Die Produkte dieser Firma sind zwar aufgrund von Parallel- und Schwarzimporten weiterhin hie und da zu bekommen, doch das kann auch die Firmenzentrale in Kilchberg bei Zürich vermutlich nicht ändern.

Doch mit dem Beispiel von Regierungen, die ihre mit dem Lautsprecher verkündeten Sanktionen gegen Russland ständig selbst unterlaufen, warum sollten es die Unternehmen dann anders machen? Doch darf man sich nichts vormachen – so lange wir weiterhin zur Finanzierung des russischen Angriffskriegs beitragen, so lange hat Putin keinerlei Grund, sich an den Verhandlungstisch zu setzen. Vielleicht sollte man daran denken, wenn man Schokoladen-Osterhasen für die ganze Familie einkauft…

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