Von langen Schlangen und Überschriften

Geoffs Taco-Shack rettet die Welt im Rieselfeld. Foto: Arne Bicker

Redaktionsmittagessen auf dem weiten Rieselfeld der Ehre. Wie lang ist die Schlange heute? Unser Lieblingsmexikaner, Herr der besten Guacamole diesseits des Rio Bravo, gähnt in seiner rollenden Tacobude nur müde, als wir anrücken. Kein Zweifel, Geoff de Forest ist misstrauisch, als ich meine Kamera aus dem Rucksack herauswurschtele und ihn frage, warum das Verspeisen seiner Tacos laut jüngster Kreideverkündung im Aushang den durch Zombies herbeigeführten Weltuntergang abzuwenden in der Lage sei.

“Ehrlich? Keine Ahnung. Diese Tafel hing da, und ich wusste nicht, was ich sonst draufschreiben sollte.” Jetzt werde auch ich misstrauisch, zumal der Mexikaner ein Amerikaner ist und aus Philadelphia kommt. Geoff spürt das und setzt mir kurzerhand einen Vorab-De-Gusto-Teller mit seiner grünen Gaumenschmeichlercreme vor die Nase. Mundraum an Kleinhirn: “Besser geht’s nicht!” Hmm, die Welt ist doch in Ordnung, hier im Rieselfeld.

Unsere Käsetortillas werden wie immer mit transatlantischer Ruhe zubereitet und brutzeln im Taco-Shack vor sich hin, während die Redaktionsmitglieder in der Warteschlange kurz die Weltlage durchgehen. Krim, Ukraine, Putin, apropos, wer hat mit seiner dreizeiligen Überschrift das Layout zerschossen? Syrien, da war doch was, die Europawahlen, funktioniert der Newsletter, wie verbaut man die Worte “Aktionärsversammlung”, “Mercedes-Benz” und “Vorstandsvorsitzender” elegant in einer Unterüberschrift, und darf man Internetroboter mit Sahne übergießen?

Eine Dame kommt und fragt mit dem verzweifelten Hoffnungstimbre einer Ertrinkenden, ob wir in der Schlange stehen. Unsere Antwort verursacht Enttäuschung, Leiden, Weltschmerz. Dann sind die Quesadillas fertig. Ein Herr kommt und fragt, was wir da essen. “Oh, das kenne ich, davon habe ich mich damals in Südkalifornien jahrelang ernährt, das ist gesund, das hilft gegen Borreliose, grundloses Aufstoßen und Pusteln” (ich bin nicht sicher, ob ich das hier zu hundert Prozent korrekt wiedergebe, aber sinngemäß ging’s in die Richtung).

Nach vollbrachter Schluckimpfung winken wir Geoff zu, dessen Warteschlange wie der abgehackte Schwanz eines Leguans nimmermüde nachwächst, und schlendern über den Rieselfeldmarkt, der in diesem postguacamolischen Moment ein Platz des irdischen Friedens ist. Die Zombies treffen wir dann doch noch, in der Bäckerei, aber das ist eine andere Geschichte, und überlebt haben wir’s auch, gerade weil die Granatsplitter ausblieben.

Epilog: Diesen Text werde ich nun auch per Mail an Geoff schicken, damit er ihn auf seiner Facebookseite postet. So finden seine Tacofans den Weg zum Eurojournalist, während unsere Leser als künftige Tacowagenschlangesteher im Futter Zwo gedacht haben werden, die Rieselfeldguacamole gegessen haben zu wollen. Eine echte Ganar-Ganar-Situation por Todos.

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