Entsteht ein neuer europäischer Automobil-Riese?

Dem französischen Hersteller PSA und der Fiat Chrysler-Gruppe werden Fusionsabsichten nachgesagt. Unter Leitung der sehr erfolgreichen PSA-Gruppe könnte das Abenteuer klappen.

Fiat Chrysler wird gut ins PSA-Protfolio passen, inklusive dem Tech Center in Auburn Hills, Mi., mit seiner riesigen, unterirdischen Testrecke. Foto: qwesy qwesy / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 3.0

(KL) – Fusionen im Automobilbereich werden immer schon als Elefanten-Hochzeiten angekündigt und häufig gehen diese auch relativ schnell wieder in die Brüche. Einer der Hersteller, die seit Jahren herumgereicht werden, ist die frühere US-Größe Chrysler. Inzwischen unter den Fittichen von Fiat gelandet, könnten die Amerikaner aus Auburn Hills unter Kontrolle der französischen PSA-Gruppe landen. PSA ist die Gruppe, die das Kunststück geschafft hat, den permanent in den roten Zahlen operierenden deutschen Hersteller Opel wieder aufzupäppeln. Und wer Opel in die Gewinnzone bringt, sollte das eigentlich auch mit Fiat Chrysler schaffen.

Bei diesen Fusionen versuchen beide Seiten, Synergien in der Herstellung und Entwicklung zu erreichen (was per Definition mit dem Verlust vieler Arbeitsplätze verbunden ist) und ihre Vertriebskanäle und Händlernetze zu optimieren. Doch hierfür sind zahlreiche Parameter zu erfüllen, die sowohl die Technik, die Produktpalette, aber auch die Unternehmenskultur betreffen. Ein Paradebeispiel dafür, wie es nicht funktioniert, war die Fusion zwischen Mercedes und Chrysler. Die Mercedes-Fertigungstiefe passte nicht zur Detroit-Bauweise mit viel Blech, Kunstleder und Plastik, in verschiedenen Segmenten wie den SUVs waren die Geländewagen von Mercedes direkte Konkurrenten zur Chrysler-Marke Jeep und die hemdsärmelige und vom Jeep-Spirit geprägte Unternehmenskultur von Chrysler passte so überhaupt nicht zu den steifen BWL-Absolventen aus Germany, die in der Chrysler-Zentrale in Auburn Hills einmarschierten wie Eroberer.

Zwischen PSA und Fiat Chrysler könnte es da schon besser klappen. Technik und Produktpalette sind eher komplementär – die PSA-Marken Citroën, Peugeot, DS Automobiles, Opel und Vauxhall könnten gut zu Jeep, den amerikanischen Chrysler-Modellen, und der urbanen Fiat-Palette passen. Die Händler zu motivieren, die Fahrzeuge des jeweils anderen Partner mit ins eigene Programm zu nehmen, dürfte nicht schwerfallen – bei den US-Händlern dürften die französischen Modelle einen Hauch Europa ins Angebot bringen, in Europa der American Touch ein Marketingplus geben.

Die Unternehmenskultur in dieser Gruppe wäre zwangsläufig europäisch, denn für nationale Denkweisen ist bei einem solchen globalen Player kein Platz. Doch die amerikanische, italienische, britische, deutsche Gruppe stünde klar unter der französischen Führung von PSA. Dieser geht es prächtig, sie hat nachgewiesen, solche Fusionen erfolgreich bestehen zu können und so wirken die Fusionspläne durchaus vielversprechend. Für die Aktionäre.

Für die Mitarbeiter und Zulieferer ist eine solche Elefanten-Hochzeit keine gute Nachricht. In solchen Fällen ruft man gerne sündhaft teure Beraterteams ins Haus, die bei Tagessätzen zwischen 2000 und 5000 Euro untersuchen, wo man welche Fabrik, Logistikzentren, Vertriebsstrukturen schließen kann, da man bei einer Fusion ja über deutlich höhere Produktionskapazitäten verfügt. Dann legen die externen Berater ihre ebenso sündhaft teuren Berichte vor und die Konzernleitung tritt mit ernster Miene vor die Presse und den Betriebsrat und teilt mit, was wo geschlossen wird. Auch das gehört zu den Standard-Mechanismen von Fusionen im Automobilsektor.

Für die Zulieferer ist klar, dass neue Preisrunden losgehen werden, bei denen sie angesichts der höheren Stückzahlen, die ein so gewachsener Kunde ordert, einerseits gezwungen sind zu investieren und das in einer Situation, in denen der Preisdruck durch den Kunden wächst. Eine schwierige Situation, in der sich viele Zulieferer auf Gedeih und Verderb einem solchen Kunden ausliefern. Sie müssen selbst ihre eigenen Kapazitäten erweitern und dafür investieren, während der Kunde gleichzeitig weniger pro Stück zahlt. Da darf nichts, aber auch gar nichts schief gehen, denn hier wird teilweise mit dem Zehntel Cent kalkuliert.

Die Expertise für den wirtschaftlichen Erfolg dieser Fusion ist bei PSA vorhanden, die Gruppen sind kompatibel, das könnte klappen. Doch soll man sich wirklich darüber freuen, dass Zehntausende Arbeitsplätze verloren gehen werden, um die Profit-Anforderungen der Anteilseigner zu befriedigen? Ist dieser Dampfwalzen-Kapitalismus wirklich noch zeitgemäß?

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