Was Sie schon immer zum Thema „Schlichtung & Co.“ wissen wollten… (4)

(4) - Welche Schlichtungsstellen gibt es?

Um sich in unwegsamem Gelände zurecht zu finden, braucht man gute Wegweiser oder Lotsen wie die Universalschlichtungsstelle des Bundes... Foto: Whgler / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 4.0int

(Von Paul van Odijk, Rechtsreferent bei der Universalschlichtungsstelle des Bundes) – Von der Allgemeinen bis zur Branchenspezifischen – vom Ombudsmann bis zum Schlichter: Das alles und noch viel mehr! Denn zu dem vielfältigen Angebot an Verbraucherschlichtungsstellen können jederzeit neue Stellen hinzukommen. Aber welche Schlichtungsstellen gibt es genau und wie findet man die richtige? Gibt es eine Art „Auskunft“, die dabei hilft, die zuständige Stelle zu finden, oder muss man sich selbst durch das Dickicht schlagen? Eine schlechte und eine gute Nachricht: Im Detail kann es schwierig sein mit den Zuständigkeiten. Aber: Auf der Suche nach der richtigen Stelle sind Sie nicht allein!

Wie überall gibt es auch bei den Schlichtungsstellen „Spezialisten“ und „Allrounder“. Dabei spricht man einerseits von allgemeinen und andererseits von branchenspezifischen Verbraucherschlichtungsstellen. Hinzu kommen Stellen, die zwar nicht als Verbraucherschlichtungsstelle im Sinne des Verbraucherstreitbeilegungsgesetz anerkannt sind, aber ähnlich arbeiten, wie zum Beispiel die KFZ-Schiedsstellen. Und dann gibt es da noch die Universalschlichtungsstelle des Bundes, eine Verbraucherschlichtungsstelle mit gesetzlichem Auftrag – aber dazu später.

Wenn eine Schlichtungsstelle ihre Zuständigkeit inhaltlich auf bestimmte Wirtschaftsbereiche, Vertragstypen oder Unternehmer beschränkt, spricht man von einer branchenspezifischen Verbraucherschlichtungsstelle. Vielleicht haben Sie schon einmal vom Versicherungsombudsmann, der “söp” (Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr) oder der Schlichtungsstelle Energie gehört? Damit ist nur ein kleiner Teil des Angebots benannt. Auch für Verbraucherstreitigkeiten im Banken- und Finanzbereich, der Telekommunikation oder mit Rechtsanwälten gibt es spezialisierte Schlichtungsstellen. Dank ihrer Spezialisierung können die „Branchenspezifischen“ auch komplexe Rechtsfragen in verhältnismäßig kurzer Zeit bewältigen, da sie mit den Eigenheiten der besonderen Rechtsgebiete vertraut sind. Im Falle des Versicherungsombudsmanns geschieht das sogar mit der Besonderheit, dass die Schlichtungsstelle bis zu einem Streitwert von 10.000 Euro verbindlich für das Versicherungsunternehmen entscheiden kann.

Doch so groß einige dieser Stellen sind, ihre Zuständigkeiten decken bei Weiten nicht das ganze Spektrum an Streitigkeiten ab, die aus einem Verbrauchervertrag erwachsen können. Für volle Abdeckung sorgen die Universalschlichtungsstelle des Bundes und die Allgemeinen Verbraucherschlichtungsstellen. Sie sind grundsätzlich für alle Streitigkeiten rund um Verbraucherverträge zuständig, solange es dafür keine branchenspezifische Schlichtungsmöglichkeit gibt. Das ist beispielsweise für den Einzelhandel oder das Online-Shopping der Fall. Doch auch Allgemeine Verbraucherschlichtungsstellen können ihre Zuständigkeit räumlich auf Unternehmer eines oder mehrerer Bundesländer beschränken. Bisher geschah das lediglich im Falle der Anwaltlichen Verbraucherschlichtungsstelle NRW, einer Allgemeinen Verbraucherschlichtungsstelle.

Anders als Allgemeine Verbraucherschlichtungsstellen kann die Universalschlichtungsstelle des Bundes ihre Zuständigkeit nicht auf bestimmte Bundesländer beschränken, sondern ist stets als Auffangschlichtungsstelle zuständig, wenn keine besondere Verbraucherschlichtungsstelle zur Verfügung steht. Die Idee dahinter ist, dass es quasi für alle Streitigkeiten aus einem Verbrauchervertrag die Möglichkeit der Schlichtung geben soll – niedrigschwellig und kostengünstig, gleichzeitig aber rechtlich auf hohem Niveau. So erfüllt Deutschland auch seine Verpflichtungen aus der so genannten ADR-Richtlinie der EU, die eben eine solch weitreichende, branchenumfassende Abdeckung in jedem ihrer Mitgliedstaaten vorsieht.

Dieser Idee folgend hat die Universalschlichtungsstelle des Bundes zusätzlich eine Lotsenfunktion, die sogar gesetzlich in § 30 Abs. 4 des Verbraucherstreitbeilegungsgesetztes verankert ist: Stellt ein Verbraucher bei ihr einen Antrag, für den eine andere Schlichtungsstelle zuständig ist, weist sie ihn an die richtige Stelle.

Natürlich ist es trotzdem wichtig, dass sich die Verbraucher im Voraus über die zuständigen Schlichtungsstellen informieren. Einen Überblick gibt es etwa hier:

Liste der Verbraucherschlichtungsstellen

https://www.bundesjustizamt.de/DE/Themen/Buergerdienste/Verbraucherstreitbeilegung/Verbraucherschlichtungsstellen/Uebersicht_node.html
https://www.schlichtungs-forum.de/anwendung/wegweiser-zur-verbraucherstreitbeilegung/
https://www.verbraucher-schlichter.de/was-ist-schlichtung/artikel86
https://www.evz.de/einkaufen-internet/odr-adr/schlichtungsstellen-europa.html

An das Europäische Verbraucherzentrum Deutschland können sich Verbraucher auch persönlich wenden, wenn sie trotz dieser Liste Zweifel haben, an wen und wie sie sich in Hinblick auf eine Schlichtung im EU-Ausland wenden können. Auch diese Funktion ist gesetzlich verankert, in § 40 VSBG. Da es in der EU über 400 Verbraucherschlichtungsstellen gibt, erscheint im Rahmen dieser Reihe ein eigener Artikel zu dieser äußerst hilfreichen Arbeit, die sich übrigens nicht in bloßer Wegweisung erschöpft.

Doch selbst auf Deutschland bezogen: Für Finanzen gibt es nicht eine einheitliche Verbraucherschlichtungsstelle, sondern es gibt fein verästelte Zuständigkeiten, und nicht alles, was man selbst unter Telefonie versteht, fällt auch tatsächlich in den Zuständigkeitsbereich der Schlichtungsstelle Telekommunikation der Bundesnetzagentur. Wie gesagt: kein Problem, denn dafür gibt es eben die Lotsenfunktion der Universalschlichtungsstelle des Bundes.

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