Vorweihnachtliches Abstumpfen

Seit über zwei Monaten befinden sich immer noch 138 Geiseln in der Hand der Hamas-Terroristen. Solange diese nicht freigelassen wurden, wird sich in Gaza nichts ändern können.

So lange nicht alle Geiseln von der Hamas freigelassen worden sind, kann und darf Israel den Kampf gegen die Terror-Organisation nicht einstellen. Foto: Nizzan Cohen / Wikimedia Commons / CC-BY 4.0int

(KL) – Da stehen wir nun auf den Weihnachtsmärkten, schlürfen Glühwein und essen überteuerte Würstchen und genießen die schöne Adventszeit. Dass die europäischen Regierungen vor enorm erhöhter Gefahr von Anschlägen warnen, was soll’s? Wir lassen uns doch nicht unser Leben von Terroristen diktieren! Und weil wir das nicht tun, vergessen wir langsam, aber sicher, die 138 Geiseln, die sich noch in der Hand der Hamas befinden und von denen man nicht einmal weiß, wie viele noch am Leben sind und was sie seit über zwei Monaten erdulden müssen. Die Berichte der freigelassenen Geiseln lassen das Schlimmste befürchten, doch wir verdrängen ihr Schicksal ebenso wie das Drama in der Ostukraine, wo täglich junge und weniger junge Menschen unter schrecklichen Bedingungen sterben. Denn jetzt ist Weihnachten und das kann uns niemand nehmen!

Immerhin, nach zwei Monaten der entsetzlichen Hamas-Massaker in Israel hat sich nun auch der UNO-Generalsekretär Antonio Guterres, der bisher durch seine völlig einseitigen und antisemitisch angehauchten Einlassungen auffiel, dazu durchgerungen, die Hamas zur Freilassung der Geiseln aufzufordern. Ansonsten ist die Position der internationalen Gemeinschaft mehr und mehr zugunsten der Hamas verrutscht und das Wenige, was man noch hört, sind nach wie vor die Aufforderungen, Ermahnungen und Drohungen in Richtung Israel, doch den Kampf gegen die Terroristen einzustellen. Eine europäische Position zu der Tragödie in Israel und Gaza gibt es nicht, aber fast alle sind sich darin einig, dass Israel aufhören sollte, gegen die Hamas vorzugehen.

Das ist erstaunlich, denn 2001 forderte niemand die USA auf, ihren „Krieg gegen den Terrorismus“ einzustellen, 2015 forderte niemand Frankreich auf, seine Bombadements auf Raqqa und den „Islamischen Staat“ zu beenden, denn in beiden Fällen kämpften westliche Mächte gegen islamistische Terrororganisationen. Genau so, wie Israel das heute tut.

Und die Geiseln? Noch 138 unschuldige Kinder, Frauen und Männer, in der Hand barbarisch agierender Terroristen, die töten, vergewaltigen und foltern und dafür auch noch von Teilen der europäischen Linken beklatscht werden. Natürlich kann Israel seine Militäroperation gegen die Terrorgruppe so lange nicht einstellen, wie diese die Geiseln nicht freilässt und Israel weiterhin beschießt, nach Berichten aus verschiedenen Quellen auch aus den „Friedenszonen“. Bislang hat auch keiner der Hamas-Führer das ausgegebene Ziel revidiert, nämlich die Vernichtung Israels. Und da fordert man allen Ernstes, Israel solle den Kampf gegen diese Terrorgruppe einstellen?

Man erkennt es an den Berichten der freigelassenen Geiseln, dass diese Menschen für den Rest ihres Lebens traumatisiert sein werden. Dies wird wohl leider auch für diejenigen Geiseln gelten, die sich weiterhin (falls sie noch leben) in der Hand der Terroristen befinden. Ob diese Geiseln wohl auch der Ansicht sind, dass die Hamas geschont werden sollte? Und wo bleiben die Stimmen aus der palästinensischen Zivilbevölkerung, von der man uns glauben machen will, dass sie die Hamas mehr oder weniger erduldet, aber im Grunde gar nicht hinter ihr steht? Wo bleiben die Stimmen aus der muslemischen Welt, die eine sofortige Freilassung der Geiseln fordern? Wo bleibt der Druck aus den mächtigen Ländern der arabischen Welt, damit die Hamas die Waffen niederlegt und die Geiseln freilässt, damit man anfangen kann, über die Zukunft zu sprechen?

Es ist schön, dass bei uns die Adventszeit angebrochen ist und wir auf andere Gedanken kommen können. Doch dass wir dabei das Schicksal der Opfer wahnsinniger Kriege vergessen, die täglich auf allen Seiten der Kriegsparteien den Interessen ihrer Führer geopfert werden, ist weniger schön. Wahrscheinlich werden wir erst dann wieder an diesen Horror denken, wenn es zu den nächsten Zwischenfällen bei uns gekommen ist, von denen zwar alle hoffen, dass sie nicht passieren werden, deren Gefahr aber, wie unsere Innenminister sagen, so hoch ist wie nie. Ob wir dann immer noch der Ansicht sind, dass man nicht gegen Terroristen vorgehen soll?

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