Embedded (66)

Lockdown? Läuft. Und schon wird uns vermittelt, dass man die Lage ziemlich gut im Griff habe. Zahlen schwirren durch die Luft, die niemand mehr nachvollziehen kann...

Das ist also der strenge "Lockdown" in Strasbourg... Mittagspause für Schüler*innen und Virus. Foto: Eurojournalist(e) / CC-BY-SA 4.0int

(KL) – Tag 66. Ausgangssperre. Ausgangssperre? Ja, das Virus und wir Bürgerinnen und Bürger in Frankreich sind abends und immer dann weggesperrt, wenn wir keinen „offiziellen“ Grund haben, uns im öffentlichen Raum zu bewegen. Das ist der „Lockdown“, dessen Einhaltung unter Strafandrohung kontrolliert wird. Aber damit die Eltern arbeiten gehen können, müssen die Kinder und Jugendlichen in die Schule. „En présentiel“, nennt man das auf Französisch, das Gegenteil zum Teleunterricht. Und das ist so organisiert, dass das Virus gar nicht anders kann, als sich weiter zu verbreiten.

Auch, wenn uns schon wieder die Möglichkeit vorgegaukelt wird, dass die ersten Schritte der Lockerung des „Lockdowns“ schon Anfang Dezember möglich sein sollen, sollte man jetzt die Ruhe bewahren. Denn mitten hinein in die Jubelarien, wie ermutigend sich das jetzt alles entwickelt, registriert man in Deutschland die bislang höchste Zahl der Neuinfektionen an einem Tag – 23.500 neue Infektionen wurden gemeldet. Und Frankreichs Regierungschef Jean Castex freut sich, dass es in Frankreich „nur“ noch über 40.000 Neuinfektionen am Tag gibt. Und weil das so ein großer Erfolg für die Regierung ist, überlegt man jetzt, schon Anfang Dezember wieder den Einzelhandel zu öffnen. Für das Weihnachtsgeschäft. Einerseits verständlich, dass man diesen nicht einfach ersticken lassen will, andererseits würde eine Öffnung der Geschäfte in der Adventszeit genau zum Gegenteil dessen führen, was man erreichen will – die Reduzierung sozialer Kontakte.

Hand auf’s Herz – damit Anfang Dezember der Einzelhandel und damit die Innenstädte wieder öffnen können, müsste ein Wunder geschehen. Das Virus wütet weiter, alle verschiedenen Versuche der Eindämmung sind bislang gescheitert, die wirtschaftliche Katastrophe in der Folge der sanitären Katastrophe ist längst eine Realität geworden und an der wird sich innerhalb der nächsten zwei Wochen nicht viel ändern. Wie gut, dass Jean Castex die Perspektive einer Lockerung der Maßnahmen an eine Bedingung geknüpft hat – nämlich dass wir alle die Vorschriften einhalten und dann, und nur dann, könnte man über Lockerungen nachdenken. Damit wandert der Schwarze Peter in die Hand der Bevölkerung. Jede Verschärfung der Maßnahmen und jeder weitere Anstieg der Zahlen werden unsere Schuld sein, da wir nicht diszipliniert genug waren. Klar.

Und das bringt uns zum heutigen Artikelbild. Dass diese Schülerinnen und Schüler mittags dicht an dicht auf dem Straßburger Kléber-Platz sitzen und Hamburger futtern, das ist das Ergebnis der Organisation dieses „Lockdowns“ und niemand sollte diesen Jugendlichen einen Vorwurf machen. Sie sitzen dort, weil sie nicht in der Schule essen können, in der Mittagspause nicht nach Hause dürfen und weil die Fastfood-Ketten in der Innenstadt die einzigen sind, die offen haben dürfen. Klar – die Jugendlichen müssten eine Maske tragen, aber das machen sie schon im Unterricht und da ohnehin niemand schaut, nehmen sie diese eben mittags ab, einerseits um zu essen (geht schlecht durch eine Maske), andererseits um zu atmen. Dass bei diesen, sich täglich bietenden Gelegenheiten, das Virus fröhlich von einem zum nächsten hüpft, ist das wirklich verwunderlich?

Seien wir realistisch. Wir werden die Adventszeit, ebenso wie den grauen Monat November, in einem mehr oder weniger strengen „Lockdown“ verbringen. Auch, wenn Frankreich mit seiner Salami-Taktik weitermacht und den „Lockdown“ wieder, wie bei der ersten Welle, in zwei-Wochen-Scheibchen verlängert. Tag 66. Ausgangssperre. Läuft. Und zwar noch eine ganze Weile…

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