Frankreich wird doch noch grün – mit kleinen Schritten

Das französische Parlament hat einen Maßnahmenkatalog für einen besseren Umweltschutz verabschiedet. Nur an den Atompark traut sich die Regierung nicht heran.

Für solche Massnahmen gibt es in Frankreich Kredite - sehr gottgefällig... Foto: Niteshift mit Klostermönch / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 3.0

(KL) – Der Umweltschutz war eines der großen Themen des französischen Präsidenten François Hollande im Wahlkampf 2012. Doch nachdem er gewählt worden war, verschwand das Thema ein wenig in der Versenkung – nur bei deutsch-französischen Gipfeln und Veranstaltungen sprach der französische Präsident oft und gerne, mitunter auch mit einem gewissen Pathos, von der „Energiewende“ und davon, dass er in diesem Bereich gerne mit den deutschen Freunden zusammenarbeiten wolle. Jetzt, drei Jahre nach seiner Wahl und zwei Jahre vor seiner voraussichtlichen Abwahl, legt seine Regierung ein Maßnahmenpaket auf, das zahlreiche sinnvolle Neuerungen enthält. Nur an den Kern seiner einstmals angekündigten Energiewende, nämlich den Ausstieg aus der Atomenergie, traut er sich nicht heran.

Die Maßnahmen, die von der Nationalversammlung beschlossen wurden, machen tatsächlich Sinn – und zielen in erster Linie auf die Absenkung des Stromverbrauchs ab. So ist vorgesehen, bis zum Jahr 2021 nicht weniger als 35 Millionen Haushalte mit „intelligenten“ Strom- und Gaszählern auszustatten, die es den Verbrauchern per Smartphone ermöglichen sollen, ihren Verbrauch zu senken und zu optimieren. Da dies auch eine Auswirkung auf die einzelne Strom- und Gasrechnung haben wird, kann man davon ausgehen, dass die Menschen auch mitmachen.

Für Unternehmen mit mehr als 100 Mitarbeitern müssen nun so genannte „Mobilitätspläne“ entwickelt werden, um möglichst viel Benzin zu sparen. Dabei ist das Zauberwort „Multimodalität“ – in diesen Plänen sollen optimal alle verfügbaren Verkehrsmittel eingesetzt werden, vom Carsharing über das Fahrrad und die öffentlichen Verkehrsmittel bis zu Fahrgemeinschaften. Im Bereich der öffentlichen Busunternehmen müssen die Flotten ab 2020 zu mindestens 50 % aus emissionsarmen Fahrzeugen bestehen. Dies würde auch bei den sich häufenden Ozon-Problemen eine Erleichterung bringen, da diese Fahrzeuge auch in solchen Situationen fahren könnten.

Dazu sollen die zinsfreien Kredite für energietechnische Baumaßnahmen ausgeweitet werden – wovon man sicher einerseits eine Senkung des Energieverbrauchs in den Häusern, gleichzeitig aber auch einen Impuls für den Arbeitsmarkt im Bauwesen verspricht. Mittelfristig sollen durch diese Maßnahme 75.000 neue Arbeitsplätze am Bau entstehen. Mit solchen zinsfreien Krediten sollen Isolierungsarbeiten, die Installation von Kleinanlagen mit erneuerbaren Energien und andere nachhaltige Maßnahmen gefördert werden.

Wer künftig im Elsass (oder anderswo in Frankreich) einkauft, sollte besser seine eigene Einkaufstasche mitbringen. Denn schon ab dem 1. Januar 2016 soll es an den Kassen der Supermärkte nur noch biologisch abbaubare Tüten geben, ab dem 1. Januar 2017 auch in den Obst- und Gemüseabteilungen. Damit greift Frankreich einer europäischen Entwicklung vor – denn auch die EU will die Flut der Plastiktüten (die sich in den Ozeanen der Welt erst nach 600 Jahren zersetzen) ein Ende setzen.

Eine weitere Maßnahme betrifft die Vergeudung von Lebensmitteln und hier sollten sich die anderen EU-Länder ein Beispiel nehmen. Den Supermärkten wird ab 2016 verboten, überschüssige Lebensmittel oder solche mit abgelaufenem Haltbarkeitsdatum wegzuwerfen. Läden mit einer Verkaufsfläche von mehr als 400 m2 müssen sogar Vereinbarungen mit karitativen Organisationen treffen, dass diese in den Genuss dieser Lebensmittel kommen. Nicht mehr verzehrbare Lebensmittel sollen ebenfalls nicht einfach weggeworfen, sondern entweder als Tierfutter, Biomasse oder Dünger für die Landwirtschaft verwendet werden. Bei diesem Vorhaben ist die soziale Komponente interessant – denn im Durchschnitt werden täglich rund 20 kg Lebensmittel von den Supermärkten aus dem Verkehr gezogen, Lebensmittel, die Organisationen wie „Die Tafel“ oder andere sehr gut brauchen können.

Frankreich macht sich also auf den Weg, seine Energiepolitik zu überdenken. Vielleicht ist das ja der erste Schritt hin zu einer echten Energiewende – die aber erst dann diese Bezeichnung verdient, wenn endlich der Ausstieg aus der Atomenergie mit der Schließung von Fessenheim beginnt. Doch angesichts der zwei Jahre, die der PS noch an der Regierung verbleiben, rückt diese Schließung des ältesten französischen Atommeilers, der nach wie vor den gesamten Oberrhein bedroht, in gefährlich weite Ferne.

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