Italien – ein ganzes Land unter Quarantäne

Regierungschef Giuseppe Conti riegelt ganz Italien ab, um eine weitere Ausbreitung des Coronavirus zu verlangsamen. Die Folgen sind unabsehbar.

Ganz Italien steht ab sofort unter Quarantäne. Hoffentlich nützt es etwas... Foto: Wikimeia Commons / PD

(KL) – So etwas hat Europa noch nicht erlebt. Die italienische Regierung hat das ganze Land unter Quarantäne gestellt, in der Hoffnung, die weitere Verbreitung des Coronavirus damit eindämmen zu können. Ab heute gelten in Italien Ein- und Ausreise-Beschränkungen und ein Versammlungsverbot. Schulen und Universitäten bleiben in ganz Italien bis mindestens den 3. April geschlossen. Dazu fallen alle öffentlichen Veranstaltungen aus, inklusive der „Seria A“, während in Deutschland der DFB weiter davon schwafelt, dass man die Saison ordnungsgemäß zu Ende bringen muss.

Die Situation in Italien ist dramatisch und es ist schwer einzuordnen, warum das Coronavirus in Italien derart wütet, während der Verlauf der Infektionen in anderen europäischen Ländern deutlich milder ist. Seit dem Ausbruch der ersten Infektionen im Norden Italiens haben sich innerhalb weniger Tage rund 9200 Personen infiziert und nicht weniger als 463 sind an Covid-19 gestorben. Während die Wissenschaftler noch rätseln, wieso das Virus in Italien aggressiver ist als anderswo, hat die Regierung Maßnahmen in nie gekannter Konsequenz ergriffen.

Nachdem es in den letzten Tagen bereits zu regelrechten Fluchtbewegungen aus dem am schwersten betroffenen Norden Italiens in Richtung Süden gekommen war (was unter anderem zur Folge hatte, dass es praktisch keine Region mehr in Italien gibt, die nicht vom Coronavirus betroffen ist), hatte die Regierung zunächst praktisch den ganzen Norden des Landes abgeriegelt und damit fast 15 Millionen Menschen isoliert. Und nun gelten Ein- und Ausreise-Beschränkungen für das ganze Land, für die es nur in dringenden gesundheitlichen, familiären oder beruflichen Notsituationen Ausnahmen geben wird.

Das Versammlungsverbot soll bereits heute der Dekret in Kraft treten. Dieses Verbot bezieht sich insbesondere auf Sportveranstaltungen und auch der ansonsten „heilige“ Fußball ist betroffen. Die italienischen Skiorte stellen heute ihren Betrieb ein, Freizeitveranstaltungen wie Kino, Theater, Konzerte etc. fallen aus, Gottesdienste sind abgesagt. Italien befindet sich ab sofort im Notmodus.

Europa muss Italien dankbar sein, denn so lange nicht geklärt ist, warum der Verlauf der Virusinfektion in Italien so anders abläuft als anderswo, ist diese Landesquarantäne ein Akt der nationalen und der europäischen Solidarität. Aber angesichts der extremen Folgen, die dieses Virus auch auf die ohnehin schon angeschlagene italienische Wirtschaft hat, ist nun europäische Solidarität angesagt.

Für jedes Thema wird in Europa ein Sondergipfel einberufen, nur zum Thema Coronavirus hält man das offenbar nicht für nötig. Ein solcher Gipfel ist aber unabdingbar, einerseits, um die sanitären Maßnahmen auf europäischer Ebene zu konzertieren, andererseits um wirtschaftliche Soforthilfe für diejenigen Länder zu organisieren, deren Wirtschaft am heftigsten betroffen ist. Italien gehört dazu und Europa darf nicht zulassen, dass dieses Land alleine die Last dieser Virusinfektion trägt. Europa darf sich nicht nur um die Rettung von Banken und Rüstungsfirmen kümmern, sondern muss sich jetzt um das Wohlergehen seiner Bevölkerung kümmern. Die italienische Entscheidung, das Land so lange abzuschotten, bis sich die Lage klärt, verdient Respekt. Und konkrete Hilfsmaßnahmen. Jetzt.

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