Präsidentschafts-Wahlkampf in Pulversheim im Oberelsass

Der ehemalige Ministerpräsident Frankreichs François Fillon, einer der Kandidaten der Konservativen für die Präsidentschaftswahlen, ist auf Vorwahlkampf-Tournee. Gestern war er in Pulversheim.

Der ehemalige französische Ministerpräsident François Fillon bewunderte gestern in Pulversheim ein Werkstück. Unaufgeregter Wahlkampf in nett. Foto: Eurojournalist(e)

(KL) – Er war Premierminister unter Nicolas Sarkozy, er war Bildungsminister und jetzt ist er im Vorwahlkampf. Gestern war François Fillon im Elsass. Denn die Franzosen haben das System der Amerikaner übernommen, bei dem die Kandidaten für die Präsidentschaftswahl durch einen Vorwahlkampf müssen, bevor sie dann zum eigentlichen Kandidaten gekürt werden. Bei den Konservativen („Les Republicains“) ist das Gedrängel um den Platz an der Sonne bereits groß – neben Alain Juppé und Nicolas Sarkozy bewerben sich auch François Fillon, Bruno Le Maire und etliche andere. Da heißt es, den Wahlkampf früh zu starten. Und sich überall blicken zu lassen. Wie gestern am Berufsgymnasium „Charles de Gaulle“ im oberelsässischen Pulversheim.

Nichts gegen Pulversheim – aber warum ausgerechnet in Pulversheim, einem kleinen Dorf 13 Kilometer nördlich von Mulhouse gelegen? So seltsam das klingen mag, der Besuch in Pulversheim war wichtig und gut. Denn das dortige Berufsgymnasium „Charles de Gaulle“ gehört zu den Vorkämpfern einer deutsch-französischen Berufsausbildung und ist mit Partnern wie der Stiftung Fondation Entente Franco-Allemande (FEFA), dem Deutsch-Französischen Institut (dfi), der Schulbehörde und anderen bereits mitten drin in Austauschprogrammen, in deren Rahmen nicht nur ein Lehreraustausch mit der Emmendinger Partnerschule stattfindet, sondern französische Auszubildende ihre Berufspraktika dank der tatkräftigen Unterstützung der Partner in deutschen Unternehmen absolvieren können. Ein Thema, das dem Kandidaten François Fillon wie auf den Leib geschneidert war.

Bei dem gut dreistündigen Besuch erlebte man mal einen Politiker, wie man ihn bei solchen Gelegenheiten gerne öfters sehen würde. Präsent, konzentriert und – zuhörend. Nicht etwa gelangweilt die Ausführungen der Protagonisten über sich ergehen lassend, sondern interessiert mitten drin im Thema. Ohne auf die Uhr zu schauen, ohne auch nur eine Sekunde gelangweilt zu wirken. Beeindruckend – wann hören Politiker ihren potentiellen Wählerinnen und Wählern schon einmal zu?

Das Berufsgymnasium „Charles de Gaulle“ bildet junge Menschen in Sicherheitsberufen aus, beispielsweise für den Einsatz bei der Polizei oder der Feuerwehr, ist aber auch im Bereich Elektrotechnik und Glasfaser-Technologie und anderen gut ausgestellt. Und auch bei den Vorführungen der Auszubildenden war François Fillon mittendrin statt nur dabei.

Aber – so gut dieser Besuch und die damit verbundene Anerkennung für die Schule und die beteiligten Partner war, so offen ist auch die Frage, ob François Fillon bei seiner aktuellen „Tour de France“ genügend Rückhalt für seine Kandidatur erhalten wird. Denn dem Kandidaten Fillon fehlt eines ganz besonders – eine „Hausmacht“ in seiner Partei, die Unterstützung von Seilschaften einflussreicher Apparatschiks und diese genießen eigentlich nur Alain Juppé (der in den Umfragen momentan deutlich vor Nicolas Sarkozy liegt) und Ex-Präsident Nicolas Sarkozy. Und nach den beiden klafft erst einmal eine große Lücke. Dabei hat Fillon nicht nur die Gabe des Zuhörens, sondern er ist einer der wenigen französischen Spitzenpolitiker, denen nicht eine ganze Reihe von Skandalen an der Backe klebt. Doch das scheint heutzutage kein richtiges Kriterium mehr zu sein.

Den wichtigsten Satz sagte Fillon zu den geschlossen angetretenen Schülerinnen und Schülern des Gymnasiums: „Wir Politiker haben eigentlich nur eine einzige Aufgabe – dafür zu sorgen, dass ihr eine gute Zukunft habt“. Starker Satz, richtiger Satz. Und am Ende freute man sich, dass François Fillon den Weg nach Pulversheim gefunden hatte. Denn ein solches Interesse für die wirklichen Anliegen der Bürgerinnen und Bürger würde man sich eigentlich von allen Politikern wünschen.

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