Wie lange noch, Vladimir?

Nach einem (erneuten) gelungenen Coup entspannen sich Lukaschenko und Putin am Schwarzen Meer.

Hier in Sotchi werden Putin und Lukaschenko am Wochenende ihren Minsker Coup feiern. Foto: RIA Novosti Archive, Image #579736 / B. Elin / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 3.0

(Karl-Friedrich Bopp) – Über die Europäische Union als Wertegemeinschaft haben wir ja nun schon genügend gehört. Doch was ist deren Inhalt und wie werden sie verteidigt? Freies Reisen von einem Land der Europäischen Union zu einem anderen sollte fester Bestandteil dieser Werte sein. Seit letzten Sonntag ist auch diese Illusion dahin. Der junge, 26 Jahre alte belarussische Regierungskritiker Roman Protassewitsch wurde aus einer Ryanair-Maschine geholt, die auf dem Flug von Athen (Griechenland) nach Vilnius (Litauen) zur Landung in Minsk (Belarus) gezwungen worden war. Folter mit Sicherheit, wahrscheinlich auch seine Exekution stehen ihm bevor.

Die Präsidenten der Staaten Belarus und Russland, Lukaschenko und Putin, werden sich nach Agenturmeldungen diesen Freitag in Sotchi treffen. In gemütlicher Atmosphäre können sie mit gekühltem Wodka ihren letzten Coup feiern, der sogar die gewagtesten Scenarios jedes James-Bond-Films übertrifft. Das Treffen zeigt offen, was bisher nicht genügend öffentlich diskutiert wurde. Ohne geheimdienstliche Hilfe aus Moskau und ohne Zustimmung von Putin hätte Lukaschenko das Ryanair-Flugzeug nicht aus der Luft geholt.

Das Treffen zeigt auch, dass die inzwischen eingeleiteten Maßnahmen vielleicht nicht ausreichen, die jetzt gegen Belarus unternommen werden. Denn der wirklich Verantwortliche heißt Vladimir Putin. Und die Frage stellt sich, was sich die Europäische Union als Wertegemeinschaft eigentlich noch gefallen lassen will, wenn sie nicht als lächerlicher Papiertiger betrachtet werden will.

Zur Erinnerung sollen hier nur die markanten Verstöße Russlands gegen internationales Recht aus dem Jahre 2014 genannt werden. Alles Ereignisse, die Entsetzen und Schockwellen in den westlichen Hauptstädten ausgelöst hatten, um danach aber schnell wieder zur Tagesordnung überzugehen.

Die Annexion der Halbinsel Krim. Um der Regierung in Kiew zu zeigen, welche Folgen das Flirten mit der Europäischen Union hat, wurde praktisch vor den Augen der Weltöffentlichkeit die Halbinsel Krim der Ukraine weggenommen und sofort der russischen Föderation eingegliedert. Um die vollendeten Tatsachen noch weiter zu untermauern, wurden kürzlich per Dekret alle nichtrussischen (und damit insbesondere die ukrainischen) Eigentümer enteignet.

Ostukraine. Um noch mehr Unruhe im Land zu stiften, wurden in demselben Jahr prorussische Milizen ermuntert, sich von Kiew abzuspalten, um rundum die Städte Donezk und Luhansk separate Zonen entstehen zu lassen. Der offiziell nie erklärte Krieg dauert immer noch an und kostet täglich Menschenleben.

Malaysia Airlines Flug 17. Aus der Ostukraine wurde auch die russische Rakete abgefeuert, die dieses Flugzeug auf dem Flug von Amsterdam nach Kuala Lumpur am 17. Juli 2014 erbarmungslos vom Himmel holte und 298 unschuldigen Passagieren das Leben kostete.

Die Liste von Putins Provokationen, die alle vor der europäischen Haustür stattfinden, ließe sich endlos fortsetzen. Mit der Unterstützung Lukaschenkos bei dem Flugzeugpiratenstück vom letzten Sonntag sollte jetzt endlich das Fass voll sein. Dem Duo Lukaschenko – Putin muss endlich Einhalt geboten werden. Die illegale Festnahme des oppositionellen Journalisten Roman Protassewitsch muss Konsequenzen haben. Für Lukaschenko, aber auch für Russlands Präsidenten Putin. Europäische Union, pures Entsetzen und andere Solidaritätsbekundungen reichen nicht mehr! Das Arsenal möglicher Maßnahmen ist groß genug, um die Feierstimmung am Kamin von Sotchi zumindest ernsthaft zu trüben.

1 Kommentar zu Wie lange noch, Vladimir?

  1. > Das Arsenal möglicher Maßnahmen ist groß genug, um die Feierstimmung am Kamin von Sotchi zumindest ernsthaft zu trüben.

    -> Ihre Vorschläge Herr Bopp?

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