10 Jahre vernetzter Verbraucherschutz in ganz Europa
Das Netzwerk der Europäischen Verbraucherzentren feiert ein rundes Jubiläum. Seit 10 Jahren setzt sich dieses Netzwerk europaweit für die Rechte von Verbrauchern ein.
(Red) – Europa zählt 28 Mitgliedsstaaten. Das Netzwerk der Europäischen Verbraucherzentren hat aber 30 Mitglieder – denn das Thema des Verbraucherschutzes ist so wichtig, dass sich auch die Nicht-EU-Mitglieder Norwegen und Island diesem Netzwerk angeschlossen haben. Seit 2005 können sich die 500 Millionen Bürgerinnen und Bürger kostenfrei an das Europäische Verbraucherzentrum in ihrem Land wenden, wenn sie der Ansicht sind, von einem Händler oder Dienstleister in einem anderen EU-Land unkorrekt behandelt worden zu sein. Das Herzstück dieses Netzwerks, man glaubt es kaum, hat seine Büros im beschaulichen Kehl – hier arbeiten die beiden Europäischen Verbraucherzentren (EVZ) Deutschland und Frankreich Hand in Hand und beschäftigen sich, unter anderem, mit Zehntausenden Anfragen von deutschen und französischen Verbrauchern. Grund genug, mit einem Gläschen Champagner anzustoßen.
Die beiden EVZ in Kehl stellen eine echte Besonderheit dar – denn Frankreich ist das einzige Land in diesem Netzwerk, dessen EVZ sich nicht auf dem eigenen Boden, sondern im benachbarten Ausland befindet, was für das ziemlich verwaltungshörige Frankreich ein großes Ausrufungszeichen ist. Diese besondere Situation ermöglicht, dass deutsche und französische Juristen Tür an Tür und mit kurzen Kommunikationswegen grenzüberschreitende Fälle bearbeiten, die ansonsten eher einen langwierigen Dienstweg erfordern würden.
Dieses europäische Netzwerk kann eine 10-Jahres-Bilanz aufweisen, die in Europa wohl ziemlich einmalig ist. 300.000 grenzüberschreitende Beschwerden wurden in dieser Zeit behandelt, von denen beeindruckende 2/3 außergerichtlich geregelt werden konnten. 140 Juristen kümmern sich in den 30 Ländern um diese Fälle, in denen die europäischen Verbraucher ihre Sorgen in nicht weniger als 24 Sprachen vortragen können.
Ob es nun um auf einer englischen Site georderte, aber nicht gelieferte Luxusmöbel geht, ein in Spanien erstandenes defektes Smartphone oder einen verspäteten Flug, für den die Fluggesellschaft keine Entschädigung zahlen will – die EVZ kümmern sich um diese Fälle. Und sie haben sich in diesen Jahren einen derartigen Ruf erworben, dass viele Händler und Anbieter wenig Lust verspüren, die sie betreffenden Fälle vor Gericht behandelt zu sehen – was die hohe Zahl der außergerichtlichen Einigungen erklärt.
Dazu fungieren die EVZ als wichtige Inputgeber für die europäische Politik. Als Organisation, die aufgrund ihrer Natur permanent das Ohr am Markt hat, kann sie den vom Thema Verbraucherschutz zumeist unbeleckten Europapolitikern ziemlich genau sagen, wo den Europäerinnen und Europäern der Schuh drückt. In den letzten Jahren konnte das Netzwerk der europäischen Politik schon oft die nötigen Informationen bereit stellen, auf deren Grundlage Richtlinien und Verordnungen entstanden.
Umso unverständlicher ist, dass die Finanzierung dieses Netzwerks jedes Jahr von Neuem ein Kampf ums Überleben ist. Als ob die Europäische Union so furchtbar viele Ebenen hätte, auf denen sie so etwas wie Bürgernähe demonstrieren könnte. Dadurch, dass die Budgets der EVZ Jahr für Jahr neu definiert und erkämpft werden müssen, sägt die EU an einem der wenigen Äste, auf denen sie gegenüber den Bürgern noch sitzen kann. Es wäre folglich, nachdem dieses Netzwerk seit 10 Jahren seine Kompetenz und seinen Nutzen für die Menschen in Europa unter Beweis gestellt hat, mehr als wünschenswert, würde ein mehrjähriger Haushalt definiert, mit dem dieses Netzwerk dann unabhängig arbeiten könnte. Soviel Selbstständigkeit einer bürgernahen europäischen Institution sollte dann schon sein. Doch dadurch, dass dieses Netzwerk finanziell permanent an der kurzen Leine gehalten wird, sorgen die institutionellen Geldgeber auch dafür, dass keine allzu kritischen Töne aus dem EVZ-Netzwerk kommen – so wartet man bis heute vergeblich auf eine klare Stellungnahme dieses Netzwerks zu den geplanten transatlantischen Freihandelsabkommen, die im Verbraucherschutz den inzwischen hohen europäischen Standard auf US-Niveau drücken könnten.
Bleibt also, dem europäischen Netzwerk der EVZ alles Gute für die nächsten 10 Jahre zu wünschen, aber auch, dass der Brüsseler Moloch und die jeweilig zuständigen nationalen Behörden endlich aufhören, dieses „letzte gallische Dorf“ der europäischen Bürgernähe so finanziell unter Druck zu setzen, dass es letztlich selbst eine Art europäische Behörde wird und seine Unabhängigkeit und Freiheit in der Meinungsäußerung verliert. Davon hätte weder dieses Netzwerk etwas, noch die EU selbst und schon gar nicht die Europäerinnen und Europäer. Also – Glückwunsch zu 10 Jahren Erfolgsgeschichte im Verbraucherschutz!
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