Black Block oder Black Rock?

Frei nach Bertolt Brecht könnte man heute die Frage stellen, was das größere Verbrechen ist – wenn ein „Black Block“ eine Mülltonne anzündet oder wenn eine Regierung ihre Geschäfte einem Unternehmen wie „Black Rock“ anvertraut.

Wie lange will man noch warten, die Lage zu befrieden? Foto: © Matthieu Pourtau / https://mpo-photo.fr

(KL) – Gewiss, der Titel ist provokant. Das soll er auch sein. Natürlich lehnen wir bei Eurojournalist(e) jede Form von Gewalt ab, wie die Zerstörung von städtischem Mobiliar, das Anzünden von Mülltonnen oder das Werfen von Pflastersteinen auf Polizisten, aber auch Prügelorgien der Letztgenannten. Doch ist die Gewalt, mit der gerade Gesellschafts- und Sozialsysteme in den Rachen der Finanzwirtschaft geworfen werden sollen, mindestens ebenso verwerflich.

Die gesellschaftliche Wahl kann und darf sich nicht auf „Black Block oder Black Rock“ reduzieren, doch ist es genau das, was heute passiert. Die aktuellen sozialen Unruhen in Frankreich sollten eine Gelegenheit sein, grundsätzlich bestehende, aber auch überholte Modelle zu hinterfragen und neue Wege für ein besseres Zusammenleben in unseren Gesellschaften zu suchen und zu finden. Dabei kann es keine Lösung sein, die „Finanzmärkte“ in Lösungsansätze einzubinden, denn die „Märkte“ sind eines der größten Probleme und werden auf keinen Fall Teil der Lösung sein.

Bertolt Brecht schrieb „Bankraub ist eine Unternehmung von Dilettanten. Wahre Profis gründen eine Bank“ und dieser Satz lässt sich auch auf die heutige Zeit anwenden, ohne dabei die gewalttätigen Auseinandersetzungen, die heute und noch für eine ganze Weile Frankreich erschüttern, zu rechtfertigen oder gar gutzuheißen. Doch Verbrecher laufen leider nicht in „Verbrecher-Uniform“ herum, sondern es gibt sie sowohl vermummt in Schwarz, als auch im feinen Armani-Zwirn. Wer von beiden gesellschaftlich den größeren Schaden anrichtet, bleibt dahingestellt.

Intelligent wäre es, würde die französische Regierung eine Pause einlegen und endlich aufhören, sich nur dann an die Bevölkerung zu richten, wenn man Lust verspürt, den Franzosen die ganze Geringschätzung dieser Regierung mitzuteilen. Die von einer riesigen Mehrheit der Franzosen abgelehnte Rentenreform muss gestoppt werden und dann erst können echte Gespräche und Verhandlungen darüber beginnen, wie eine solche Rentenreform aussehen kann und soll. Dabei werden die Verhandlungsführer feststellen, dass es weitaus mehr Optionen als diejenige gibt, die per §49.3 am Parlament vorbei entschieden wurde.

Doch weder die Handlungen, noch die Kommunikation der französischen Regierung lässt den Schluss zu, dass man die sozialen Spannungen glätten und die Lage im Konsens wieder in den Griff bekommen möchte. Denn in der Randale in Frankreichs Städten sieht diese Regierung die letzte Möglichkeit, die Millionenproteste gegen die Rentenreform und die Regierung selbst spalten zu können, denn Spalten ist das einzige, was Präsident Macron und seinen vielen Regierungen bislang richtig gut gelungen ist. Wie es weitergeht, wird man in den nächsten Tagen sehen und spätestens am 6. April, wenn der nächste Aktionstag ansteht. Und, das wird man sogar in den realitätsentrückten Salons der Pariser Macht verstehen, das kann nicht ewig so weitergehen. Die Gewerkschaften können die Lage nicht befrieden, die Millionen Demonstranten können es nicht und schon gar nicht die „Black Blocks“. Wenn jemand Druck aus der Situation nehmen könnte, dann die Regierung. Doch die hat offenbar ganz andere Pläne.

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