Saison 2

Die Bewegung der „Gelbwesten“ in Frankreich tritt in eine neue Phase ein. Angesichts der erneuten Gewaltexzesse wird sich bald zeigen, wohin die Reise geht.

Ein ehemaliger Profiboxer - hirnlose Schlägerei statt politischer Forderungen. Das wird nicht mehr lange gutgehen. Foto: ScS EJ

(KL) – Die Fronten in Frankreich sind verhärtet. Das Land ist gespalten, ja zerrissen, zwischen der sich immer weiter radikalisierenden Sozialbewegung der „Gelbwesten“ und dem Rest der Bevölkerung, der nach 7 Wochen der Straßenschlachten all der Gewalt, Zerstörung und des Hasses überdrüssig wird. Es werden schon längst keine Argumente mehr ausgetauscht und die Spirale der Gewalt wurde von den „Gelbwesten“ am Wochenende weiter hochgeschaukelt.

Mit einem Gabelstapler zertrümmerten Demonstranten in Gelb am Samstag die Tür eines Ministeriums in Paris, zerstörten mehrere Dienstfahrzeuge und zwangen die Beamten, die zu diesem Zeitpunkt im Ministerium arbeiteten, zu einer Art Flucht. Damit erreicht die Gewalt eine neue Dimension und die „Gelbwesten“ selbst haben die „Saison 2“ eingeläutet. Nach wie vor ist diese Bewegung zwar völlig diffus und behauptet immer noch, dass man nur „friedlich demonstriert“, doch bislang hat man nur wenige „Gelbwesten“ gehört, die sich von diesen Gewaltexzessen distanzieren. Doch damit nehmen sie nicht etwa eine neutrale Position ein, sondern unterstützen mit ihrem Schweigen diejenigen Extremisten in ihren Reihen, denen es nur um einen Staatsstreich geht.

Damit kegeln sich die „Gelbwesten“ allerdings selbst aus dem nun startenden Dialog zwischen der Regierung und den Franzosen – denn wer würde sich schon mit Verhandlungspartnern an einen Tisch setzen, die stillschweigend Gewalttäter unterstützen, die mit der gleichen „Uniform“ unterwegs sind?

Die Unterstützung der Franzosen für die „Gelbwesten“ bröckelt immer weiter ab. Kein Wunder, denn es geht inzwischen nur noch peripher um den eigentlich dringend benötigten sozialen Fortschritt, sondern um einen Staatsstreich, den die Rechts- und Linksextremen wollen, die sich erfolgreich dieser führungslosen Bewegung bemächtigt haben. Doch Neonazis, Antisemiten und Ausländerhasser werden auch in Frankreich keine Mehrheiten finden – alles, was in „Saison 2“ passieren wird, ist eine starke Radikalisierung derjenigen „Gelbwesten“, die zum Bürgerkrieg und weiteren Zerstörungen aufrufen. Und diese werden immer weniger werden.

Inzwischen bilden sich auch innerhalb der „Gelbwesten“ erste Widerstandslinien gegen die Bürgerkriegstreiber in gelb. So hat sich ein Verein „Die Gelbwesten – die Bewegung“ gegründet, die zurück zur sozialen Debatte möchte und offenbar versucht, durch diese Gründung die Extremisten und Kriminellen in ihren Reihen zu isolieren. Dies wäre ein vernünftiger Ansatz, denn ansonsten ist die Regierung gezwungen, noch härter zu reagieren.

Auch das Gejammer wegen der „Polizeigewalt“ rückt in ein neues Licht. Es ist für eben nachvollziehbar, dass die Polizeikräfte wenig Lust verspüren, sich von „friedlichen Demonstranten“ lynchen zu lassen.Und diejenigen, die angesichts der Gewalt der Straße einen Bürgerkrieg entfesseln wollen, können eben nicht damit rechnen, dass sich der Staat vor einer Handvoll Wirrköpfe in die Knie zwingen lässt – Frankreich wird sich gegen die braun-rote Suppe auf der Straße zu verteidigen wissen.

Die Bewegung der „Gelbwesten“ könnte aufgrund ihrer Weigerung, sich in einen strukturierten Dialog mit der Regierung zu begeben, implodieren. Denn langsam bleiben nur noch diejenigen übrig, denen es nur noch darum geht, den Staat in seinen Grundfesten zu erschüttern, was ein erklärtes Ziel der Neonazis, Rechtsextremen und Linksextremen ist, die sich plötzlich mit dem Ziel des Staatsstreichs blendend verstehen.

In der nun gestarteten „Saison 2“ werden sich die „Gelbwesten“ entscheiden müssen. Wollen sie weiterhin hinter Antisemiten und erklärten Staatsfeinden hinterher trotteln oder werden sich die vernünftigen Elemente dieser Bewegung endlich so organisieren, dass sie mit den anderen Kräften der Gesellschaft in einen konstruktiven Austausch treten können? Der Januar wird vieles klären. Es wird auch Zeit, denn der Schaden, den die „Gelbwesten“ inzwischen bereits angerichtet haben, wird die Franzosen auf Jahre hinaus belasten. Zehntausende Arbeitnehmer sind durch die Behinderungen auf der Straße bereits in Kurzarbeit, die Konjunktur ist im Keller, das Image Frankreichs ist auf Jahre hinaus beschädigt und das wird sich beispielsweise im Tourismus extrem negativ auswirken. Dazu ist natürlich auch die Rolle Frankreichs in Europa erschüttert, denn kein europäisches Land wird einer französischen Regierung folgen, die ihr eigenes Land nicht mehr im Griff hat.

Der Weg des sozialen Fortschritts über einen gesellschaftlichen Dialog ist schwierig, langwierig und möglich. Doch wer Frankreich Gewalt antut und den Krieg erklärt, der muss damit rechnen, diesen Krieg zu verlieren. Und das erwartet auch die Mehrheit der Franzosen – dass sich der Staat nun für die Verteidigung der immer mehr gefährdeten Demokratie mobilisiert.

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