Der Arbeitsmarkt am Oberrhein macht Fortschritte

Jede Menge Prominenz gab sich gestern bei der Bilanzsitzung der ersten 18 Monate der Grenzüberschreitenden Arbeitsvermittlung in Kehl die Klinke in die Hand.

Das Modell des Sogeffekts - private (FEFA) und öffentliche (Eurodistrikt, Region Elsass etc.) Partner befeuern die neue Dynamik des gemeinsamen Arbeitsmarkts am Oberrhein. Foto: © KL

(KL) – Der Chef der Bundesagentur für Arbeit Frank-Jürgen Weise kommt nicht jeden Tag nach Kehl. Im Gegenteil – es war sein erster Besuch in der Grenzüberschreitenden Arbeitsvermittlung in Kehl und was er dort hören konnte, müsste sein Herz eigentlich höher klopfen lassen.

Denn am Oberrhein beschäftigt man sich mit dem Arbeitsmarkt auf eine schlaue, vorausschauende und kooperative Art. Waren früher die Arbeitsämter nur dafür zuständig, Jobs für Arbeitslose zu suchen und zu finden, so sind sie heute richtige Observatorien geworden, in denen Entwicklungen analysiert und antizipiert werden. Und zwar auf eine ausgesprochen positive Art und Weise. Und Arbeitssuchende werden natürlich auch weiterhin vermittelt.

Diese Tiefe der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit ist auch dringend nötig. Denn die Entwicklung der Arbeitslosenzahlen im Elsass und in Baden verläuft diametral entgegengesetzt. Die Modelle für die nächsten 10 bis 12 Jahre sehen eine Verschlechterung der Arbeitslosenzahlen im Elsass, während sich Baden erst der Vollbeschäftgung und dann dem Fachkräftemangel nähert, wobei diese Entwicklung bereits begonnen hat. So soll es im Jahr 2025 in der Ortenau eine „negative Arbeitslosenquote“ von 0,9% geben, was bedeutet, dass viele Stellen gar nicht mehr besetzt werden können. Zum gleichen Zeitpunkt wird die Arbeitslosenquote im Elsass 9,3% betragen, wobei ein Viertel der Jugendlichen unter 25 Jahren keinen Job haben wird. Die einen können ihre offenen Stellen nicht besetzen, die anderen können keine Jobs für ihre Arbeitslosen schaffen – das klingt nach einer gesunden Grundlage für eine weitere Intensivierung der Zusammenarbeit.

Interessant ist allerdings auch die Beobachtung, dass diese Arbeitsmarktmodelle der Profis offensichtlich überhaupt keinen Bezug mehr zur Politik haben. Es sieht so aus, als ob diese Entwicklungen stattfinden würden, gleich, wer gerade an der politischen Macht ist. Was wiederum kein gutes Zeichen für die Gestaltungsmöglichkeiten der Politik ist.

Frank-Jürgen Weise hat aufmerksam zugehört und sich sicherlich insgeheim vorgenommen, künftig nach Ausflügen in Bundesländer wie Mecklenburg-Vorpommern oder Brandenburg noch einen kleinen Abstecher nach Kehl zu machen. Um Mut und positive Energie für die nächsten Aufgaben zu fassen.

Wie gut die Grenzüberschreitende Arbeitsvermittlung funktioniert, erläuterte Horst Sahrbacher, der Chef der Agentur für Arbeit Offenburg. „Seit Anfang des Jahres 2014 haben wir über 200 Arbeitssuchende vermitteln können, was uns erlaubt hat, unsere ohnehin schon ehrgeizigen Ziele weiter nach oben zu korrigieren“, sagte Sahrbacher und da versteht man auch die Hauptziele, die am Oberrhein umgesetzt werden sollen und für die Unterstützung von Menschen wie Frank-Jürgen Weise vonnöten ist.

Ziel 1: Die Ergebnisse steigern. Also mehr Arbeitssuchende in neue Stellen vermitteln. Logisch. Ziel 2: Ausbau der Netzwerkarbeit. Wie aktuelle Projekte mit Partnern aus dem öffentlichen (Region Elsass, Akademie Straßburg) und dem privaten (FEFA) Bereich zeigen, kommt es zu einem „Sogeffekt“ der neuen Dynamik. Dieser soll gezielt ausgebaut werden. Ziel 3: Ergänzende Dienste anbieten. Hier könnte man an Sprachqualifikationen denken, aber auch an Kurse zum „interkulturellen Management“ und vieles mehr. Ziel 4: Die deutschen und französischen Partner würden gerne am Oberrhein ein „Grenzüberschreitendes Kompetenzzentrum“ einrichten – angesichts der hervorragenden Ergebnisse der Arbeitsmarktprofis ist dies alles andere als ein unrealistischer Traum.

Und auch Frank-Jürgen Weise wird mit dem guten Gefühl zurück nach Nürnberg gefahren sein, dass der gemeinsame Arbeitsmarkt am Oberrhein auf dem richtigen Weg ist. Auf dem Weg zu einer echten Integration, mit der auch für andere Bereiche der Weg in eine deutsch-französische Zukunft aufgezeigt wird. Hand auf’s Herz – was die da auf die Beine stellen, ist richtig klasse!

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