Die Afrikanische Union in den G20 – warum eigentlich?

Aus G20 wird G21, denn mit der Afrikanischen Union (AU) wird nach der EU der zweite Kontinentalverbund Mitglied in der G20-Gruppe. Doch schon bald könnten die 21 wieder 20 sein...

Die teuren G20-Gipfel sind nur noch ein Relikt aus den großen Tagen des Westens. Foto: Department of Foreign Affairs and Trade website / www.dfat.gov.au / Wikimedia Commons / CC-BY 4.0

(KL) – Afrika ist in einer unruhigen Phase. Ein Land nach dem anderen löst sich von den ehemaligen Kolonialmächten, doch nicht etwa um eine „echte“ Unabhängigkeit zu erreichen, sondern um sich mit ihren neuen Militärjuntas Russland und der grauen Eminenz China unterzuordnen. Gleichzeitig passt kaum noch etwas zusammen, denn während Afrika die Nähe zu den BRICS-Staaten sucht, ist die Aufnahme in die G20-Gruppe wie ein Wechsel von Dortmund nach Schalke. Es passt wirklich nicht richtig.

Dabei ist fraglich, welche Rolle die G20-Gruppe künftig spielen kann und wird, sind doch mehrere Länder wie Brasilien, China, Russland, Indien und Südafrika die Gründungsmitglieder der BRICS-Organisation. Und das ist ein wenig so, als wären europäische Länder gleichzeitig Mitglieder in der NATO und im Warschauer Pakt gewesen.

Die G20-Gruppe ist auf dem Papier beeindruckender als selbst die BRICS-Staaten. So stellt diese Gruppe ungefähr zwei Drittel der Weltbevölkerung dar, über 75 % des Welthandels und rund 85 % der Weltwirtschaft. Nur – ohne eine echte Struktur bleiben die G20 ein zahnloser Tiger. Zumal diese beeindruckenden Zahlen in sich zusammenfallen werden, sobald die BRICS-Mitglieder ausscheren und die G20-Gruppe verlassen. Die Spatzen pfeifen es bereits von den Dächern, dass China das Interesse an G20 verloren hat, Russland sowieso und Indien wird sich dorthin orientieren, wo es seine Interessen sieht. Und die liegen eher bei der pragmatischen BRICS-Organisation als in einer G20-Gruppe, in der geredet, aber nicht gehandelt wird.

Dass beim aktuellen G20-Gipfel in Neu Delhi die Präsidenten Russlands und Chinas fehlen, ist ein Zeichen. Die Hoffnung des Westens, dass die G20 in einer Abschlusserklärung den russischen Angriffskrieg in der Ukraine verurteilen, ist reines Wunschdenken, da bereits im Vorfeld klar wurde, dass es nicht einmal eine gemeinsame Abschlusserklärung geben kann, in der das Wort „Ukraine“ vorkommt.

Und plötzlich wird G20 zur Farce, zu einer Debattierplattform ohne Handlungsmöglichkeit, ohne politischen Einfluss und ohne viel Sinn. Warum nun die Afrikanische Union Mitglied werden will, ist unklar. Und G20 wird auch keine Konkurrenzveranstaltung zu BRICS werden – was aus G20 eine Art Verzweiflungsakt macht, bei dem man von vornherein weiß, dass diese Plattform nichts bewegen wird und kann.

So schwer es fällt, der Westen muss langsam verstehen, dass seine große Zeit vorbei ist. Die Zukunft gehört nicht etwa den USA und seinen europäischen Satelliten, sondern sie liegt bei den BRICS-Staaten, deren Entstehung und Entwicklung in Europa verschlafen wurde. Doch nun sind die BRICS-Staaten eine Realität, am 1. Januar 2024 kommt es zur ersten massiven Erweiterung dieses auf wirtschaftliche und politische Aktion ausgerichteten Verbunds und da sind die G7, G8 und G20/21 nur noch ein Auslaufmodell, das an die Zeit erinnert, als der Westen bestimmte, wo es in der Welt langging. Doch diese Zeiten sind vorbei und der Westen braucht heute eine andere Strategie als das ewige „weiter so!“. Doch angesichts des politischen Chaos im Westen ist es unwahrscheinlich, dass lebbare Strategien zum Umgang mit einer neuen Weltordnung erarbeitet werden, deren Entstehung der Westen weiter tapfer ignoriert. Und so wird der Westen diese neue Weltordnung nicht etwa mitgestalten, sondern lediglich erdulden. Keine so tolle Perspektive.

2 Kommentare zu Die Afrikanische Union in den G20 – warum eigentlich?

  1. Das der Westen nicht mehr die führende Rolle einnehmen kann, die er einmal hatte, ist zweifelsohne richtig. Ob die BRICS-Staaten nun tatsächlich eine glaubhafte Alternative darstellen werden ist jedoch sehr fraglich: Antiwestliche Ressentiments alleine genügen nicht für die Errichtung einer neuen Weltordnung und die afrikanischen Länder werden irgendwann auch merken, dass der russisch-chinesische Neokolonialismus auch keine Patentlösung für ihre Zukunft darstellt.

    • Die Frage ist allerdings, wie lange man in Afrika braucht, um zu verstehen, dass eine Unterordnung unter Russland/China nicht viel toller ist als die alten Abhängigkeiten von den früheren Kolonialmächten, von denen einige noch nicht verstanden haben, dass diese Kolonialzeiten vorbei sind…

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