„Die Bürger müssen sich auch für die deutsch-französische Freundschaft engagieren!“

Der Freiburger Bürgermeister für Kultur, Soziales, Integration und Senioren Ulrich von Kirchbach engagiert sich stark für die deutsch-französische Zusammenarbeit am Oberrhein.

Deutschland, Frankreich, Europa - für Ulrich von Kirchbach hängen diese drei Fahnen ganz eng beieinander. Foto: Eurojournalist(e)

(KL) – Ulrich von Kirchbach engagiert sich stark für die deutsch-französischen Beziehungen. Da passte es, dass wir das Gespräch mit dem Freiburger Bürgermeister für Kultur, Soziales, Integration und Senioren nicht etwa im Freiburger Rathaus führen konnten, sondern einen passenden Termin nur beim elsässischen Nachbarn fanden. Und zwar in – Colmar… Interview.

Herr von Kirchbach, Sie waren am 11. November abends in der Straßburger Oper und begingen dort mit den französischen Kollegen den Gedenktag zum Ende des I. Weltkriegs. Für einen Deutschen alles andere als eine Selbstverständlichkeit…

Ulrich von Kirchbach: Nun, wir hatten im Rahmen einer Kooperation zwischen dem Theater Freiburg und der Opéra du Rhin in Straßburg zu diesem Jahrestag eine gemeinsame Produktion auf die Beine gestellt, nämlich die Aufführung einer Kinderoper mit deutschen und französischen Solisten, aber vor allem mit einem deutschen und einem französischen Kinderchor. Wir wollten diese Produktion des Stücks der französischen Kommunistin Isabelle Albouker bewusst am 11. November und an diesem Jahrestag aufführen [Anm. der Red. – das Stück wird am 30. November noch einmal im Theater Freiburg aufgeführt.]. Die Resonanz des ausverkauften Hauses in Straßburg war überwältigend, Text und Musik waren sehr bewegend und was mich besonders freut, die Kinder und Jugendlichen verbrachten jeweils ein paar Tage bei ihren Kollegen im anderen Land und somit wurde alleine schon die Produktion dieses Stücks ein echter deutsch-französischer Austausch. Für mich war es daher selbstverständlich, an diesem Tag auch selbst nach Straßburg zu fahren.

So selbstverständlich ist es aber nicht, wenn ein Deutscher am 11. November gemeinsam mit den Franzosen das Ende des I. Weltkriegs feiert…

UvK: Vermutlich haben Sie Recht – vor 20 oder 30 Jahren wäre dies nicht so unbelastet möglich gewesen. Doch ist das auch ein guter Indikator dafür, wie in diesen Jahren die deutsch-französische Freundschaft gewachsen ist und das ist sehr wichtig. Denn angesichts der aktuellen politischen Entwicklungen wird immer deutlicher, dass die deutsch-französischen Beziehungen eine der tragenden Säulen der weiteren politischen Entwicklung in Europa ist und sein muss. Wir in der deutsch-französischen Grenzregion müssen dabei noch mehr tun und auch deutlich zeigen, welchen hohen Stellenwert die Zusammenarbeit zwischen den Städten am Oberrhein hat. Gerade den Städte Mulhouse, Straßburg und Freiburg kommt hierbei eine große Bedeutung zu.

Freiburg und Straßburg – wie man hört, intensivieren sich gerade die Kontakte zwischen beiden Städten…

UvK: Das stimmt und diese Entwicklung war meines Erachtens überfällig. Neben unserer guten Zusammenarbeit mit Mulhouse wollen wir die Beziehungen zum Oberzentrum Straßburg intensivieren – denn Freundschaften müssen permanent gepflegt und entwickelt werden. Es hat bereits erste Treffen in sehr freundschaftlicher Atmosphäre mit meiner Straßburger Amtskollegin Nawel Rafik-Elmrini gegeben, die der Stadt Freiburg sogar das Angebot gemacht hatte, beim Weltforum für Demokratie einen gemeinsamen Workshop zu organisieren. Leider war hierfür der Vorlauf etwas zu knapp, so dass wir das wohl erst im nächsten Jahr umsetzen können. Doch in der Zwischenzeit finden weitere Treffen statt, bei denen ein Fahrplan für diese Annäherung zwischen beiden Städten organisiert wird. Anfang 2015 ist auch ein Treffen der beiden Oberbürgermeister Roland Ries und Dr. Dieter Salomon geplant, das Frau Rafik-Elmrini und ich gerade vorbereiten.

Und was soll der Inhalt dieser Annäherung zwischen den beiden Städten sein?

UvK: Wir wollen in den Bereichen Kultur und Soziales Fortschritte machen und auch den verschiedenen, bereits laufenden Projekten einen Rahmen geben. So gibt es bereits einen Austausch zwischen dem Freiburger Quartier Weingarten und dem Straßburger Quartier Meinau – dies zeigt deutlich, dass das Interesse an einer Vertiefung der Beziehungen auf allen Ebenen bis hin zu den Oberbürgermeistern vorhanden ist, denn wir sind überzeugt, dass alle in einer solchen Kooperation viel voneinander lernen können.

Ebenso, wie unsere Zusammenarbeit mit Mulhouse rundweg positiv ist, ist uns die Zusammenarbeit mit der Stadt Straßburg sehr wichtig. Dabei kommt es darauf an, Projekte mit einem echten Mehrwert für die Bürgerinnen und Bürger zu schaffen – eine solche Partnerschaft darf nicht in der Theorie stecken bleiben. So sind auch Aktionen zwischen der Münsterbauhütte und der Kathedrale in Straßburg geplant, die 2015 ihr 1000jähriges Jubiläum feiert. Die Freiburger bereiten gerade ein schönes Geschenk für die Freunde in Straßburg vor…

Die ersten Treffen zwischen beiden Städten haben bereits gezeigt, dass wir uns viel zu sagen haben und wir freuen uns darauf, diese Annäherung Schritt für Schritt zu vertiefen.

Sie sind ebenfalls Vizepräsident der Straßburger Stiftung „Fondation Entente Franco-Allemande“, der FEFA. Wir kommt es zu diesem Engagement?

UvK: Neben dem Freiburger Oberbürgermeister Dr. Dieter Salomon bin ich in Freiburg derjenige, der sich vielleicht am intensivsten mit der deutsch-französischen Kooperation befasst. Daher habe ich die Anfrage der FEFA gerne positiv beantwortet. Zumal sich diese Stiftung seit ihrer letzten Satzungsänderung nicht mehr ausschließlich mit der Entschädigung der in die Wehrmacht zwangsrekrutierten Elsässer und Mosellaner beschäftigt, sondern vor allem mit deutsch-französischen Projekten, die sich zumeist mit Themen wie dem Arbeitsmarkt, dem Kulturaustausch und sozialen Fragen beschäftigen. Hier ist es großartig, dass ich als Deutscher auch neue Ideen und Gedanken einbringen kann – das am 11. November aufgeführte Stück wurde dank der Unterstützung der FEFA und des Deutsch-Französischen Jugendwerks produziert. Dies ist ein gutes Beispiel dafür, was für konkrete Ergebnisse ein solches Engagement bringt. Denn in dieser Konstellation sind wir mit den Freunden von der FEFA in der Lage, die deutsch-französische Freundschaft für viele Menschen ganz persönlich erlebbar zu machen.

Wie sehen Sie die deutsch-französische Zusammenarbeit am Oberrhein in 10 Jahren?

UvK: Ganz wichtig wird sein, dass sich die Zusammenarbeit nicht auf Politiker und Funktionäre beschränkt, sondern dass alle Ebenen der Gesellschaft eingebunden werden. Nur so können die Menschen selber erfahren, wie wichtig und wertvoll diese Kooperationen am Oberrhein sind.

Wichtig ist ebenfalls, dass man versteht, dass der Frieden, den wir seit Jahrzehnten in Europa haben, keine Selbstverständlichkeit ist, sondern dass dieses gegenseitige Vertrauen immer wieder neu erarbeitet werden muss. Insofern stehen einerseits die Städte und Körperschaften, aber auch die Bürgerinnen und Bürger in der Verantwortung, gemeinsam dafür Sorge zu tragen, dass sich die Geschichte nie mehr wiederholt. Der beste Weg hierfür ist es, diese Freundschaft mit konkreten Inhalten zu füllen und gemeinsam zu entwickeln. Ich bin optimistisch, dass wir in den kommenden 10 Jahren zahlreiche Leuchtturmprojekte entwickeln können und dass die Menschen am Oberrhein die deutsch-französische Freundschaft immer stärker als etwas sehr Positives erleben werden.

Herr Bürgermeister, vielen Dank für das Gespräch!

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.

*



Copyright © Eurojournaliste