Die CDU reißt die Brandmauer zur AfD ein

In Thüringen, ausgerechnet in der AfD-Hochburg Thüringen, hat die CDU gemeinsam mit der AfD eine Senkung der Grunderwerbssteuer an der Regierung vorbei durchgesetzt. Das wird Folgen haben.

So brüchig ist inzwischen die Brandmauer gegen die Rechtsextremen... Foto: Acabashi / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 4.0int

(KL) – Wenn das mal kein Fehler kurz vor den wichtigen Landtagswahlen in Bayern und Hessen war – in der AfD-Hochburg Thüringen, wo eigentlich eine rot-rot-grüne Minderheitsregierung am Ruder ist, haben CDU und AfD gemeinsam eine von der CDU vorgeschlagene Senkung der Grunderwerbssteuer beschlossen. Das ist so etwas wie die Erbsünde, die den Initiatoren dieses Gesetzes allerdings teuer zu stehen kommen könnte. Indem die CDU die rechtsextreme AfD zu einer „normalen“ Partei aufwertet, dürfte sie am Ende selbst Stimmen verlieren, insbesondere im benachbarten Bayern, wo die Wähler mit der konservativen, aber nicht extremistischen Partei der Freien Wähler eine konservative Alternative haben.

Friedrich Merz kann erzählen, was er will, der Vorgang ist nicht mehr zu beschönigen. Die Versuchung, der rot-rot-grünen Minderheitsregierung „eins auszuwischen“ war wohl zu groß, doch gibt es genug Beispiele in Europa, wo die Zusammenarbeit mit rechtsextremen Parteien üble Folgen für die jeweiligen Traditionsparteien hatte. Der CDU könnte es ähnlich gehen.

Ob man in den Parteizentralen in Berlin die Umfragen mit verfolgt? Ist es den traditionellen Parteien klar, dass sich die AfD mit stabilen 21 % bundesweit als zweite politische Kraft etabliert hat? Und ist in Berlin auch bekannt, dass diese 21 % nicht etwa die deutschen Neonazis, sondern nach wie vor Protestwähler gegen das politische Establishment in Berlin sind? Laut Umfragen trauen gerade einmal 4% der Deutschen der AfD zu, die aktuellen Probleme lösen zu können (wobei auch die übrigen Parteien im einstelligen Prozentbereich vor sich hin dümpeln). Eine Wahlentscheidung für die AfD ist also keine politische, sondern eine emotionale Entscheidung. Dass sich die CDU nun mit der AfD vergleichbar macht, sogar mit den Rechtsextremen kooperiert, könnte ein enormer politischer Fehler sein.

Bislang gab es so etwas wie einen stillschweigenden, demokratischen Konsens, dass die traditionellen Parteien nicht mit der AfD kooperieren. Natürlich kann man in keinem Parlament verhindern, dass die dort sitzenden AfD-Abgeordneten für oder gegen Gesetzesvorschläge stimmen, die von den traditionellen Parteien vorgelegt werden. Doch die Abstimmung in Thüringen ist ein Novum, denn ohne die AfD-Stimmen wäre die CDU mit ihrem Gesetzesvorschlag gescheitert. Es handelt sich also um einen Fall der direkten politischen Kooperation zwischen CDU und AfD, gleich, was Friedrich Merz in Berlin erzählt.

Die Wählerinnen und Wähler in Bund und Ländern wissen nun, dass eine Stimme für die CDU/CSU durchaus eine Stimme für die AfD sein kann, sie wissen nun, dass die CDU aus Gründen des Machtkalküls in der Lage ist, mit der AfD zusammmenzuarbeiten, wobei dann der nächste Schritt zu den ersten Koalitionen mit der AfD nicht mehr sehr weit ist. Wahlwerbung in eigener Sache sieht anders aus…

Am Ende werden sie alle zusammen die AfD groß gemacht haben – SPD, Grüne, CDU/CSU, Die Linke, FDP. Die Unfähigkeit dieser Parteien, sich auf die Realitäten und Probleme des 21. Jahrhunderts einzustellen, hat die AfD überhaupt erst ermöglicht. Wenn nun die CDU die „Brandmauer“ zu den Rechtsextremen eingerissen hat, dürfte der weitere Aufstieg der AfD kaum noch zu stoppen sein. Vielleicht sollte man sich in Berlin schonungslos vor Augen halten, dass die AfD bundesweit nur noch wenige Pünktchen hinter der CDU/CSU liegt. In einer solchen Situation die AfD wie eine demokratische Partei zu behandeln, könnte ein Fehler sein, den die CDU/CSU noch sehr teuer bezahlen wird.

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.

*



Copyright © Eurojournaliste