Die Erbsünde

In Sonneberg in Thüringen wurde am Wochenende erstmals mit Robert Sesselmann ein AfD-Politiker zum Landrat gewählt. Die Dämme gegen den Rechtsextremismus werden brüchig.

Stolpern wird in ein Remake der Geschichte? Foto: Leonhard Lenz / Wikimedia Commons / CC0 1.0

(KL) – Naja, mag manch einer denken, was ist schon Sonneberg in Thüringen? Ein unbedeutender Flecken mit 22600 Einwohnern in einem nicht viel wichtigeren Bundesland, ein Ort, wo 52,8 % der Wahlberechtigten eben einen AfDler zum Landrat gewählt haben. Doch so unbedeutend ist das nicht, speziell nicht in eben diesem Bundesland, in dem mit Björn Höcke ein Mensch der AfD vorsitzt, der sich selbst stolz als „Faschist“ bezeichnet. Ein Blick in die Geschichte zeigt, dass der Faschismus gerne über demokratische Wahlen seinen Einzug hält und unter diesem Gesichtspunkt ist die Wahl von Robert Sesselmann mehr als bedenklich.

Zum ersten Mal seit der Gründung der rechtsextremen AfD bekleidet nun ein Vertreter dieser Partei ein wichtiges Amt mit enormen Gestaltungsmöglichkeiten. Natürlich sitzen bereits zahlreiche AfDler in den Parlamenten auf den verschiedenen Ebenen, doch sind sie überall von den Entscheidungsebenen ausgeschlossen, da es bislang so etwas wie eine Brandmauer gegen den Rechtsextremismus gab, vor der sämtliche traditionellen Parteien solidarisch waren. Doch diese Brandmauer bekommt immer mehr Risse.

Der offenbar unaufhaltsame Aufstieg der AfD (mittlerweile in den bundesweiten Umfragen zweite politische Kraft in Deutschland hinter der CDU) kommt nicht von ungefähr und ist nicht unbedingt ein Zeichen dafür, dass ein Fünftel der Bundesbürger wieder dem Faschismus zugeneigt ist. Der Grund für den offenbar unaufhaltsamen Aufstieg der rechtsextremen Partei liegt im Versagen der traditionellen Parteien und nicht zuletzt am stümperhaften Auftritt der Berliner Ampel-Koalition, in der sich Planlosigkeit und Amateurismus treffen.

Eine riesige Mehrheit der Deutschen hat jegliches Vertrauen in die Politik verloren und der Prozentsatz der Bundesbürger, die auch nur einer Partei zutrauen würden, die aktuellen Probleme zu managen, bewegt sich inzwischen im einstelligen Bereich. Das dann irgendwann der Satz „viel schlechter als die anderen kann es die AfD auch nicht machen“ fällt, ist nachvollziehbar und diese Entwicklung beobachtet man auch in anderen Ländern, in denen die Rechtsextremen nach der Macht greifen oder sogar schon gegriffen haben.

Natürlich sind die aktuellen Weltkrisen so dramatisch, dass es kaum eine Partei schaffen kann, Lösungen anzubieten, insbesondere in einer Situation, in der auch die europäischen Institutionen von Korruption und Unfähigkeit gebeutelt sind. Doch haben immer mehr Bundesbürger das ungute Gefühl, dass die Politik die Probleme nicht nur nicht löst, sondern sogar noch schlimmer macht.

Doch all das, so beunruhigend es auch sein mag, ist kein Grund, sich erneut in die Arme von Faschisten zu stürzen. Speziell in Deutschland sollten wir eigentlich wissen, wohin Faschismus und Ultranationalismus führen – man erinnere sich an das „1000jährige Reich“, dessen Entwicklung demokratisch von Wählerinnen und Wählern ermöglicht wurde.

Es besteht eine reelle Gefahr, dass die thüringische Erbsünde der Auftakt zu weiteren Wahlerfolgen der AfD ist. Während CDUSPDGRÜNEFDPLINKE hilflos zuschauen, wie die AfD immer mehr Land gewinnt, muss jetzt reagiert werden. Die AfD ist, anders als ihr Name sagt, eben keine Alternative für Deutschland. Sondern der zweite Absturz in die Hölle. Mit so etwas darf man nicht spielen.

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