Die französische Polizei vereitelt einen Terroranschlag auf Sacré-Coeur

Und das sollen wir ihnen glauben? Mit großem Trara verkündete die Polizei in Frankreich, dass sie einen Terroranschlag verhindert habe. Wie passend.

Uff, die Geheimdienste haben einen Anschlag auf das Pariser Wahrzeichen Sacré-Coeur verhindert, obwohl der gar nicht geplant war. Na dann. Foto: Luctor / Wikimedia Commons / PD

(KL) – Die Headline ist umwerfend und dazu gedacht, all diejenigen zum Schweigen zu bringen, die sich dagegen empören, dass die Welt Milliarden dafür ausgibt, sich gegenseitig zu bespitzeln. „Die französische Polizei vereitelt Anschlag auf Sacré-Coeur“, konnte man gestern allen Tickern entnehmen. Jetzt weiß auch der letzte Blödian, wie unendlich glücklich und dankbar wir zu sein haben, dass unsere Geheimdienste Tag und Nacht über uns wachen und uns überwachen – dass dabei demokratische Bürgerrechte geopfert werden, scheint nur ein geringer Preis dafür zu sein, dass wir gerade noch einmal einem erneuten Terroranschlag entgangen sind. Nur – es gab gar keine konkreten Planungen für einen solchen Anschlag. Aber das ist dann wohl nur nebensächlich.

Hintergrund dieser dramatischen Meldung, die einzig dazu dient, das neue Abhörgesetz in Frankreich und sogar die Spionageaktivitäten der Amerikaner zu rechtfertigen, war die Festnahme eines algerischen Studenten im April. Dieser offenbar etwas verstörte junge Mann hatte wohl die Phantasie, entweder die wunderschöne Pariser Basilika Sacré-Coeur in die Luft zu sprengen oder ersatzweise einen Personenzug voller Ungläubiger. Zumindest habe der Mann, so die Polizei, „solche Taten“ erwähnt. Das ist aber ganz schön dünn. Im Kleingedruckten der Meldung wird zwar eingeräumt, dass es „keine konkreten Planungen für solche Taten“ gab, was aber die Profi-Kommunikatoren im Dienste des Staats nicht davon abhielt, andere Details zu präsentieren, unter anderem „entsprechende Dokumente“. Was in denen steht, erfährt man nicht.

Der Widerspruch, dass der Mann einerseits keine konkreten Anschläge geplant habe, gleichzeitig aber durch seine Festnahme im April jetzt grade aktuell ein Anschlag verhindert worden sei, scheint nicht einmal der Polizei selbst aufzufallen. Dann darf man getrost davon ausgehen, dass es den meisten Lesern der großen Medien ähnlich gehen wird – im Gedächtnis wird die Message bleiben: „Dank der unermüdlichen Arbeit der Ameisen der Geheimdienste konnten wir einen Anschlag verhindern“. Champagner!

Sogar den Namen des Attentäters, der nichts Konkretes geplant hatte, verraten die Medien – worauf wir hier mal verzichten. Denn ein Terrorist, der weder konkrete Anschläge plant, noch eines konkreten Vergehens beschuldigt oder überführt werden kann, aber dennoch in Haft sitzt, das ist für uns zunächst mal kein Schwerverbrecher, dessen Name öffentlich an den Pranger gestellt werden muss.

Die Widersprüche hören aber an dieser Stelle nicht auf. So verkünden die Ermittler, der Mann habe „mindestens einen Anschlag an einem Sonntag im Großraum Paris“ geplant, was schlecht damit zusammen passt, dass sie im gleichen Atemzug sagen, es habe keine konkreten Planungen gegeben. Dafür, dass nichts Konkretes geplant war, präsentiert die Polizei ziemlich viele unbewiesene Details.

Was ebenfalls erschwert, diese Jubelmeldung zu glauben, ist das Timing. Der Mann wurde vor zwei Monaten verhaftet und ausgerechnet heute, mitten hinein in den Abhörskandal NSA/BND, mitten hinein in die Empörung über die Spionage der USA in Europa, platzt diese „aktuelle“ Meldung über einen zwei Monate alten Vorgang, direkt nach der Abstimmung im französischen Parlament, mit dem sich Frankreich zu einem Überwachungsstaat à la NSA mausert. Wenn das mal wirklich ein Zufall ist…

Vielleicht war der Mann ein potentieller Terrorist, vielleicht auch nicht. Vielleicht gibt es ihn auch gar nicht, sondern er wurde erfunden, um das völlig unverständliche Vorgehen des französischen Staats zum Thema Vorratsdatenspeicherung und Überwachung zu rechtfertigen. Doch irgendwie ist das alles etwas zu rund, das Timing eine Spur zu perfekt und die Widersprüche in der Darstellung durch die Ermittler sind einfach zu groß.

Oder haben Sie etwa noch genug Vertrauen in die Geheimdienste dieser Welt, um diese seltsame Meldung zu glauben?

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