Die USA gegen die Freie Welt

Schweden hat (endlich) die bizarren Vergewaltigungs-Vorwürfe gegen Julian Assange fallengelassen. Ab jetzt heißt es USA vs. Freie Welt. Free Julian Assange!

So sah Julian Assange 2015 aus - inzwischen ist er ein gebrochener, kranker, alter Mann, der endlich freigelassen werden muss! Foto: Ministerio de Cultura de la Nacion Argentina / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 2.0

(KL) – Gestern hat Schweden erklärt, dass das Vorverfahren gegen Julian Assange wegen seltsamer Vergewaltigungs-Vorwürfe eingestellt wurde. Auch in Zeiten, in denen alle sehr für das Thema „Gewalt gegen Frauen“ sensibilisiert sind, hatte man in all diesen Jahren das Gefühl, dass der Vorwurf, Assange hätte ohne Gewalt zwei kräftige junge Schwedinnen vergewaltigt, eine reine Konstruktion mit dem Ziel war, Julian Assange in die Hände der USA zu bringen, wo ihn 175 Jahre Gefängnis wegen „Spionage“ erwarten. Nun kann die EU zeigen, wie ernst es ihr mit all den schönen Erklärungen und Resolutionen zum Thema „Schutz von Whistleblowern“ ist.

Wenn Schweden, das für seine konsequente Verfolgung von Sexualverbrechen bekannt ist, nach neun (!) Jahren der „Vorermittlungen“ das Verfahren kurzerhand einstellt, obwohl die britische Staatsanwaltschaft, die mittlerweile als Handlanger ihres zukünftigen „Post-Brexit-Helfers“ USA agiert, diese „Vorermittlungen“ seit 2013 immer wieder weiter herausgezögert haben, dann ist klar, dass es sich von Anfang an um eine Falle gehandelt hat. Julian Assange, der unter anderem Dokumente der US-Behörden zu Kriegsverbrechen im Irak und den illegalen Praktiken in Guantanamo veröffentlicht hatte, war der westlichen Welt einfach ein Dorn im Auge, den es zu entfernen gilt.

Doch auch, wenn jetzt klar ist, dass Assange zu Unrecht beschuldigt worden war, ist die Angelegenheit noch lange nicht durch – denn das britische Gericht, das über seine Auslieferung zu entscheiden hat, dürfte nach den Maßstäben eines Rechtsstaats überhaupt nicht zusammentreten. Angesichts der Tatsache, dass Familienmitglieder von Richterin Emma Arbuthnot persönlich in Firmen involviert sind, die damit beauftragt sind, EDV-Löcher der amerikanischen Sicherheits-Administration zu stopfen, liegt ein eindeutiger Interessenskonflikt vor, der in jedem normalen Rechtsstaat dazu führen müsste, dass die Richterin ersetzt wird. Doch im Brexit-Großbritannien ist heute nichts mehr normal und die Art der Prozessführung zeigt eindeutig, dass es lediglich noch darum geht, den Anschein eines fairen Verfahrens aufrecht zu erhalten – doch das Urteil scheint längst gesprochen zu sein. Großbritannien will Julian Assange nach dem Brexit den Amerikanern auf dem Silbertablett anbieten, als eine Art Morgengabe dafür, dass die USA die dann politisch und wirtschaftlich isolierten Briten nicht fallenlässt.

Nun ist die EU gefragt. – Noch ist Großbritannien Mitglied der EU und sollten die europäischen Institutionen auch nur ein Fünkchen Anstand im Leib haben, dann setzen sie jetzt die Briten jetzt so unter Druck, dass Assange nach Europa, und von dort nach Australien in die Freiheit entlassen wird. Die EU darf es nicht zulassen, dass einer der wichtigsten Whistleblower der Welt von den Briten geopfert wird – und dazu sind jetzt eben harte Bandagen gefragt. Großbritannien will neue Handelsabkommen und eine privilegierte Beziehung zur EU haben? Dann ist die Voraussetzung für die Aufnahme solcher Verhandlungen die Freilassung von Julian Assange. Es ist undenkbar, dass die EU weiterhin Verhandlungen mit dem 51. Staat der USA führt, die gegen alle Werte der westlichen Welt verstoßen, um weiterhin ihre zynischen Menschenrechtsverletzungen zu verstecken.

Die EU hat wunderschöne Richtlinien zum Schutz von Whistleblowern verabschiedet – und jetzt muss sie liefern. Ein „Bauernopfer“ im Interesse wirtschaftlicher Interessen wäre der Sündenfall schlechthin, das Ende Europas, das für sich humanistische Werte in Anspruch nimmt. Julian Assange in die USA auszuliefern, das ist so wie die Auslieferungen jüdischer Menschen in den Jahren 1933 bis 1945 zurück nach Deutschland, wie es beispielsweise die Schweiz praktizierte – die Auslieferung in der sicheren Tod.

Julian Assange ist ein gebrochener Mann und man darf damit rechnen, dass eines Tages die ganze Korruption in diesem Fall ans Tageslicht kommen wird. Schwedische, amerikanische und britische Behörden haben sich abgesprochen, um einen Fall zu konstruieren, der eine Inhaftierung Assanges „rechtfertigen“ konnte. Die USA haben Ecuador, in dessen Londoner Botschaft Assange Asyl gefunden hatte, so unter Druck gesetzt, dass das Land schließlich einwilligte, Assange mit Gewalt in die Hände der britischen Polizei zu geben. Alle, aber auch wirklich alle Beteiligten haben gelogen, betrogen, sich korrupt verhalten, und alles nur, um einen Whistleblower mundtot zu machen. Doch durch die Einstellung des skandalösen Verfahrens haben zumindest die Schweden faktisch eingeräumt, dass die ganze Geschichte nur ein Vorwand war, um Assange aus dem Verkehr zu ziehen. Zu einem gegebenen Zeitpunkt wird man sich auch über die Frage der Entschädigung für Julian Assange unterhalten müssen, doch kein Geldbetrag der Welt ist hoch genug, ein zerstörtes Leben zu kompensieren.

Die EU muss jetzt endlich Flagge zeigen. Sollte Brüssel tatenlos zusehen, wie Großbritannien ein Menschenleben opfert, um seinem neuen amerikanischen Herren angenehm zu sein, muss dies massivste Konsequenzen auf die künftigen Beziehungen zu London haben. Im Talmud steht „Wer auch nur ein einziges Leben rettet, rettet die ganze Welt“. Die EU muss nun zeigen, was sie wert ist – sollte sie zulassen, dass Julian Assange den wirtschaftlichen Interessen Großbritanniens und dem verbrecherischen Treiben der USA geopfert wird, dann brauchen wir keine EU mehr, denn dann hätte sie genau an der Stelle versagt, wo ein humanistisches Europa hätte Flagge zeigen müssen. Der Kampf um die Freiheit Julian Assanges ist mit dem Ende des skandalösen Verfahrens in Schweden nicht etwa vorbei, sondern geht jetzt erst richtig los. Free Julian Assange!

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