Die zwei Seiten des Mega-Bahnstreiks der GDL

Während einerseits das ganze Land unter den erneuten Belastungen stöhnt, stellt sich die Frage nach der eigentlichen Verantwortung für diesen Streik. Gar nicht so einfach.

Dieser Werbespruch der Bahn könnte am Wochenende hinfällig werden... Foto: Marco Verch / Wikimedia Commons / CC-BY 2.0

(KL) – Der aktuelle Mega-Bahnstreik ist natürlich für alle Betroffenen ein echtes Ärgernis. Probleme beim Weg zur Arbeit, erzwungene Urlaubstage, nicht fertig gestellte Projekte, weil nicht alle Mitarbeiter zur Arbeit erscheinen können, Schwierigkeiten auf dem Schulweg – all das ist sehr, sehr ärgerlich. Klar. Doch auch, wenn die Kommunikationsmaschine der Bahn und der Parteien den Schuldigen in der Person von GDL-Chef Claus Weselsky längst ausgemacht hat, ist die Antwort auf die Frage nach der Verantwortung für diesen erneuten Streik alles andere als eindeutig. Denn die eigentliche Verantwortliche für diesen Streik taucht in den Debatten überhaupt nicht auf – Andrea Nahes (SPD), Bundesarbeitsministerin, die mit ihrem Gesetzesvorhaben zur Gleichschaltung der deutschen Gewerkschaften nicht nur ein übles Attentat auf die Gewerkschaftsbewegung insgesamt durchzieht, sondern als Ministerin einer Partei, die sich die Vertretung der Arbeitnehmerrechte auf die Fahne geschrieben hat, genau diese Arbeitnehmerrechte mit Füßen tritt. Die GDL ist in dieser Auseinandersetzung die letzte Bastion, bevor die SPD die Gewerkschaften den Arbeitnehmern zum Fraß vorwirft.

Dass GDL-Chef Weselsky auch eine Schlichtung ablehnt, ist absolut richtig. Denn nach wie vor ist die GDL diejenige Partei, die sich auf dem Boden des Streikrechts bewegt – einen Schlichtungsspruch müsste sie akzeptieren, ansonsten würde sie diesen Boden des Streikrechts verlassen – und wer zweifelt daran, dass ein Schlichter vor allem die Interessen der Regierung und des großen Kapitals vertreten würde? Insofern ist auch die permanente Forderung der Bahn und der Parteien nach einer Schlichtung nichts anderes als eine Falle, von der man hofft, die GDL würde unter dem Druck der Öffentlichkeit hineintreten.

Es ist unglaublich, in welcher Geschwindigkeit diese CDUSPD-Regierung Dinge aushebelt, für die ganze Generationen von Bürgerinnen und Bürgern gekämpft haben. Die deutsche Gewerkschaftsbewegung, die schon zu des Kaisers Zeiten tapfer für die rechte von Arbeitnehmern eintrat, wird ausgerechnet von der Partei hingerichtet, die von sich selbst behauptet, sie würde die Interessen der Arbeitnehmer vertreten. Um den kurzfristigen Ärger eines Streiks zu beenden, ist die SPD-Ministerin Nahles bereit, 150 Jahre Gewerkschaftsgeschichte in die Tonne zu treten und allen kleinen und Sparten-Gewerkschaften die Existenzgrundlage zu entziehen. Da braucht sich die SPD allerdings auch nicht mehr zu wundern, warum sie in den Umfragen mittlerweile auf der Ebene des vom damaligen FDP-Chefs Jürgen Möllemann propagierten “Projekt 18 %” angekommen ist.

Wie wäre es denn mit einem anderen Vorschlag – nämlich der Rücknahme des üblen Nahles-Gesetzes (das im Übrigen große Chancen hat, eine Prüfung durch das Bundesverfassungsgericht nicht zu überstehen)? Sollten die Bahn und die Bundesregierung wider allen Erwartens den Weg zurück zu einem verfassungskonformen Handeln finden, wäre sicher auch die GDL bereit, sich vernünftig wieder an den Verhandlungstisch zu setzen.

In der Zwischenzeit müssen wir Bahnkunden eben in den sauren Apfel beißen und zähneknirschend diesen Streik über uns ergehen lassen. Wie sinnvoll dieser Streik ist, werden wir wohl erst in ein paar Jahren verstehen, wenn sämtliche kleinen und Sparten-Gewerkschaften verschwunden sein werden und sich alle erstaunt fragen werden, wie das denn passieren konnte. Hoffentlich erinnert man sich dann an zwei Namen: Andrea Nahles und Claus Weselsky.

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