Frankreich kämpft weiter um sein Familienbild

Statt sich um die drängenden Probleme des Landes zu kümmern, arbeitet sich die französische Politik weiter am Bild der Familie ab.

Hier soll das neue Familienbild Frankreichs festgelegt werden - in der Assemblée Nationale. Foto: Richard Ying und Tangui Morlier / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 3.0

(WB) – Das französische Parlament, die «Assemblée Nationale», verbringt momentan komplette Sitzungen mit der Frage des rechtlichen Würdigung des Familienbildes. So wurde vorgestern Nacht der Abstimmungsmarathon für das neue Familiengesetz abgebrochen, damit man auch einmal über Themen wie die Bahnreform reden kann, wegen der gerade das ganze Land wie gelähmt ist.

Für den Gesetzesentwurf, in dem unter anderem Fragen wie die «körperliche Züchtigung» geregelt werden sollen (doch, doch, auch in Frankreich ist das 21. Jahrhundert ausgebrochen, auch wenn man denken könnte, dass hier gerade das 19. Jahrhundert begonnen hat…), gab es nicht weniger als 207 Änderungsanträge, die alle einzeln besprochen werden müssen.

Die Debatten werden nicht vor Freitag fortgeführt werden können, denn in der Zwischenzeit muss sich die französische Regierung auch mal ein klein wenig um Politik kümmern. Doch auch beim Thema Familie macht die PS eine unglückliche Figur. Getrieben von den Konservativen, die Anfang des Jahres fast 2 Millionen Franzosen auf die Straße gebracht hatten, die für ein ziemlich theoretisches Familienbild von Papa-Mama-zwei Kindern demonstrierten, versucht die PS, dieses Thema mit zu besetzen. Ohne großen Erfolg.

Dass die Frage geklärt wird, wie die Situation von Kindern geschiedener Eltern zu handhaben ist, war natürlich dringend. Doch stellt sich ebenfalls die Frage, ob es wirklich Aufgabe einer Regierung ist, ein Familienideal festzulegen – diese Frage regelt sich nämlich von ganz alleine im täglichen Leben. Oder hat etwa das Verbot der Scheidung seitens der katholischen Kirche dazu geführt, dass sich die Menschen nicht mehr scheiden ließen? Natürlich nicht.

Doch geht es bei dieser Debatte eigentlich gar nicht um die Familien, sondern darum, dass Regierung und Opposition versuchen, sich neu in der politischen Debatte in Frankreich zu positionieren, die mittlerweile vor allem vom Front National beherrscht wird.

Nur – für diese Profilierung eignet sich das Thema «Familienideal» überhaupt nicht, im Gegenteil – dieses Thema ist weitgehend von den Erzkonservativen besetzt, die diesbezügliche Debatten auf der Straße und außerhalb des Parlaments beherrschen.

Time-Out also für die Familiendebatte und freie Fahrt für die Diskussionen um die geplante Bahnreform. Ein weiteres Thema, in dem weder die PS, noch die UMP glänzen können. Man könnte den Eindruck gewinnen, dass es beide traditionellen Volksparteien darauf anlegen würden, mit aller Macht den Front National weiter nach vorne zu bringen. Das allerdings ist auch das Einzige, was diese beiden Parteien im Moment mit unbestrittenem Erfolg tun.

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