Digitaler Kontrollwahn

In Frankreich sind Bargeldzahlungen nur bis 1000 € möglich. Nun will Paris, dass diese Regelung europaweit eingeführt wird. Damit auch alles digital kontrolliert werden kann.

Bargeld soll zunächst begrenzt und später mal komplett abgeschafft werden - keine gute Idee. Foto: Blackfish / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 3.0

(KL) – Frankreich, das Land der Menschenrechte und der Freiheit, wird immer mehr zum Vorreiter eines digitalen Kontrollwahns, der sich auf immer mehr Lebensbereiche erstrecken soll. Während die EU-Kommission eine europaweite Begrenzung von Barzahlungen auf 10.000 € einführen will, will Paris, dass das eigene Limit von 1000 € zu Europarecht wird. Diese Begrenzung soll die Möglichkeiten der Geldwäsche eindämmen, doch sollte die Entwicklung zur digitalen Vollkontrolle des menschlichen Daseins langsam einmal hinterfragt werden.

Dieser Vorschlag stößt allerdings in Deutschland auf wenig Gegenliebe. Hintergrund ist, dass es in den verschiedenen europäischen Ländern sehr unterschiedliche Zahlungs-Kulturen gibt. Deutschland gehört zu den Ländern, in denen Bargeld immer noch weit verbreitet ist, während beispielsweise in Frankreich Bargeld schon lange kein Favorit mehr ist. Wurde früher in Frankreich gerne per Scheck bezahlt (was in Deutschland unüblich war), wurde diese Zahlungsmethode fast völlig von Zahl- und Kreditkarten abgelöst. Bar bezahlt man in Frankreich gerade noch den Kaffee auf der Terrasse oder die Zeitung beim Zeitungshändler, aber bereits die Rechnung im Restaurant (und andere Ausgaben) wird fast systematisch per Karte bezahlt. In anderen Ländern gibt es ebenfalls Bargeldbegrenzungen, doch sind diese unterschiedlich hoch und liegen zumeist in einem Bereich zwischen 2500 und 3000 €.

Das Argument der Geldwäsche ist allerdings nicht von der Hand zu weisen. So schätzt der Europäische Rechnungshof das Volumen von Bargeld-Bewegungen aus illegalen Geschäften auf jährlich „hunderte Milliarden Euro“, wobei es kriminelle Organisationen nicht allzu schwer haben dürften, bei einer radikalen Begrenzung der Bargeldzahlungen auf andere Optionen umzusteigen, wie beispielsweise Krypto-Währungen, was heute bereits der Fall ist. Praktisch alle illegalen Transaktionen im „Darknet“ werden über Bitcoins und andere Krypto-Währungen abgewickelt und es ist illusorisch zu glauben, dass Kriminelle ihr Treiben einstellen, weil sie nur noch mit weniger Bargeld umgehen können.

In Deutschland wird eine weitere Begrenzung des Bargeldverkehrs als Einschränkung der persönlichen Freiheit betrachtet. Wenn jede Transaktion über 1000 € nur noch elektronisch erfolgen kann, dann impliziert dies, dass jeder Verbraucher und sein Verhalten völlig transparent wird und in einer Zeit, in der Datenschutz nur noch ein theoretisches Konzept ist, unser aller Daten aber an den unmöglichsten Stellen gehandelt und genutzt werden, wäre eine solche Beschränkung ein weiterer Schritt auf dem Weg zum „gläsernen Bürger“.

Wie immer ist das Argument der Befürworter, dass „jemand, der nichts zu verbergen hat, auch alles offenlegen kann“ – nur setzt dies ein unendliches Vertrauen in Behörden und Regierungen voraus und bekanntlich können sich diese ändern. Den Schutz der letzten persönlichen Freiheiten sollte man vielleicht nicht über Bord werfen, wo wir im digitalen Zeitalter ohnehin schon fast lückenlos überwacht werden.

Persönliche Daten können zweifellos sinnvoll genutzt werden, doch sie können auch missbraucht werden. Die Volldigitalisierung des menschlichen Daseins ist nicht unbedingt ein Gewinn an Lebensqualität, sondern ein Machtgewinn für denjenigen, der diese Macht gerade innehält. Da reicht es, sich alleine in Europa verschiedene Regierungschefs anzuschauen und sich die Frage zu stellen, ob man diesen wirklich alle Daten der eigenen Existenz anvertrauen möchte.

Solche Neuerungen einzuführen ist mit den heutigen technologischen Mitteln kein Problem. Schwerer ist es allerdings, diese wieder abzuschaffen, sollten sie sich als Flopp oder sogar als gefährlich erweisen. Es gibt Lebensbereiche, in denen die High-Tech-Zauberlehrlinge lieber nicht mit dem Feuer spielen sollten…

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.

*



Copyright © Eurojournaliste