Edward Snowden – die deutsche Haltung wird immer peinlicher

Sigmar Gabriel erklärt, dass Deutschland nicht für Snowdens Sicherheit garantieren könne, falls er zu einer Aussage vor dem NSA-Untersuchungsausschuss nach Deutschland käme.

Die deutsche Haltung gegenüber dem Mann, der uns die Augen über das Ausmass der weltweiten Bespitzelung durch Geheimdienste geöffnet hat, ist einfach jämmerlich. Foto: LocoWiki / Wikimedia Commons

(KL) – Die Argumentation, warum man Edward Snowden nicht in Deutschland empfangen kann, wird immer abstruser. Nachdem sich einige Unions-Abgeordnete dazu verstiegen hatten, hochnäsig zu erklären, dass man kaum glaube, dass Snowden bedeutende Beiträge zur Aufklärung der NSA-Aktivitäten leisten könne (zur Erinnerung: Ohne die Informationen von Edward Snowden gäbe es diesen Ausschuss überhaupt nicht…), setzt jetzt SPD-Boss Sigmar Gabriel einen oben drauf. Er ist der Ansicht, dass man Snowden in Deutschland nicht vor den US-Geheimdiensten schützen könne. Ach ja?

Weiß Sigmar Gabriel etwa Dinge, die wir nicht wissen? Sind die US-Geheimdienste so präsent in Deutschland, dass die eigenen Sicherheitskräfte nicht ausreichen, um einen Menschen zu schützen? Oder ist das wieder das übliche Rumgemache, weil man Angst hat, Snowden könnte zuviel auspacken, zum Beispiel auch über die deutschen Geheimdienst-Aktivitäten? Oder beugen sich einmal mehr alle Regierungsvertreter ganz tief nach vorne, um Barack Obama die Stiefel zu küssen?

Gabriel hatte vor einigen Tagen erklärt, „Deutschland ist ein kleines Land, in dem der amerikanische Geheimdienst sehr genau weiß, wer hier was tut. Ich bin sicher, dass der Geheimdienst der USA versuchen würde, ihn unter seine Kontrolle zu bringen.“ Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen. Wann hat zum letzten Mal ein Vizekanzler von Deutschland als „einem kleinen Land“ gesprochen? Und wie präsent sind die US-Geheimdienste in Deutschland, dass sich Gabriel so sicher ist, dass sie Snowden vor unserer Nase schnappen und unbehelligt in die USA verfrachten?

Der erste Teil von Gabriels Aussage mag ja noch angehen. International ist Deutschland kein gewichtiges Land, höchstens, wenn es um Wirtschaftsfragen geht. Unsere Diplomatie beschränkt sich weitgehend darauf, uns abwechselnd vor Obama und Putin zu verneigen, damit wir ja keinen Stress bekommen. Klare Positionen? Fehlanzeige. Was Deutschland aber auch zu einem angenehmen Gesprächspartner für die Diplomaten anderer Länder macht. Mit Deutschland zu reden ist entspannend, denn am Ende nicken die Deutschen immer.

Seit mehr als einem halben Jahr eiert die Bundesregierung herum und erfindet immer neue Gründe, warum man Snowden NICHT einladen will oder kann. In all dieser Zeit hat sich auch noch niemand gefunden, der eine eindeutige und rechtlich verbindliche Stellungnahme abgeben kann, ob die deutsche Regierung rechtlich zu zwingen wäre, Snowden an seine amerikanischen Verfolger auszuliefern. Ein solches Gutachten hätte man, wäre denn der politische Wille dazu da gewesen, schon längst auf dem Tisch haben können.

Am Ende werden sich in Deutschland die „pro-amerikanischen Kräfte“ wohl durchsetzen. Die dabei selbstverständlich nicht die amerikanischen Interessen, sondern irgendetwas Übergeordnetes im Kopf haben. Jämmerlich. Wir, die großen Demokraten, die permanent anderen Ländern wohlmeinende Tipps geben, wie Demokratie und Menschenrechte funktionieren, wir schaffen es nicht, den wichtigsten Informanten der Weltbevölkerung zu schützen?

Die deutsche Unterwerfung unter die USA ist ebenso widerlich wie das „Putin-Verstehen“, ein beliebter Zeitvertreib in den Chefetagen der deutschen Großkonzerne. Beschweren dürfen wir uns allerdings nicht – denn immerhin haben wir vor wenigen Monaten selbst genau die Akteure wieder in Amt und Würden gewählt, die für den ganzen Mist verantwortlich. Was dann auch endlich der Beweis ist, dass der Deutsche Michel evolutionstechnisch ganz eng mit dem Lemming verwandt ist. Biologisch interessant. Wieder was gelernt.

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